Eine neue Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt, wie häufig Pflegende von sexueller Belästigung und sogar von Übergriffen betroffen sind. Allein in den zwölf Monaten vor der Befragung haben 95,6 Prozent der Teilnehmenden zwischen 18 und 58 Jahren sexuelle Übergriffe erlebt, teils täglich. Dies schreibt die SonntagsZeitung. Am häufigsten muss das Pflegepersonal unangebrachte Sprüche über sich ergehen lassen, gefolgt von non-verbalen Belästigungen und lüsternen Blicken.
Belästigungen werden häufig verharmlost
Mehr als zwei Drittel der Befragten waren auch körperlichen Übergriffen ausgesetzt, sie werden am Po angefasst oder am Rücken gestreichelt. «Die erschreckend hohe Zahl verdeutlicht, dass das Problem endemisch ist», heisst es beim Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK). Trotzdem wehren sich viele nicht. «Es ist häufig so, dass Belästigungen verharmlost und übergriffige Personen in Schutz genommen werden», sagt Milena Bruschini, Autorin der Studie.
Zudem gab die grosse Mehrheit der Befragten an, nie ein entsprechendes Training erhalten zu haben. Pierre-André Wagner, Leiter Rechtsdienst beim SBK, ermuntert Betriebe und Schulen, ihre Angestellten und Studierenden entsprechend zu schulen. Er sieht jedoch auch die übergriffigen Personen in der Pflicht. «Es muss den Patienten klar sein, dass die sexuelle Integrität der Pflegefachpersonen rechtlich geschützt ist.»
Angegrabscht werden, ist inakzeptabel
Es gehe nicht darum, jede Bemerkung anzuzeigen, Anzüglichkeiten seien oft im Graubereich. «Aber wenn man angegrabscht wird, ist das inakzeptabel. Das muss sich niemand gefallen lassen.» Insgesamt wurden für die ZHAW-Studie «Patients’ sexual harassment of nurses and nursing students: A cross-sectional study » über 250 Fragebogen ausgewertet, rund 90 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen. Pflegefachmänner gaben aber ebenfalls an, von Belästigungen betroffen zu sein.