Frauen hinken den Männern beim Lohn leicht weniger nach. Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern ist von 19 Prozent im Jahr 2018 um einen Prozentpunkt auf 18 Prozent im Jahr 2020 gesunken. Dies zeigen neue Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS).
Die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern sind teilweise auf Unterschiede zurückzuführen, die sowohl mit persönlichen Merkmalen als auch mit Merkmalen der im Unternehmen besetzten Stelle und mit dem ausgeübten Tätigkeitsbereiche zusammenhängen, wie das BFS am Dienstag mitteilte. Als Beispiel für persönliche Merkmale nennt das Amt Alter, Ausbildung und Dienstjahre.
«Gleichstellung über Sanktionen fördern»
Knapp die Hälfte dieser Lohnunterschiede (47,8 Prozent) ist aber unerklärt. Damit ist der unerklärte Anteil der Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern in der Gesamtwirtschaft von 45,4 Prozent im Jahr 2018 auf 47,8 Prozent im Jahr 2020 gestiegen. Der unerklärte Anteil der Lohndifferenz entsprach 2020 in der Gesamtwirtschaft 717 Franken brutto pro Monat.
Der Arbeitnehmer-Dachverband Travail Suisse zeigt sich in einer Medienmitteilung «konsterniert» über die weitere Zunahme der Lohndiskriminierung. Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail Suisse, macht gegenüber CH Media Radionews darauf aufmerksam, dass Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden seit 2020 ihre Löhne analysieren lassen müssen. «Die Resultate zeigen bei der Lohngleichheit aber eine stetige Verschlechterung, die in diesem Jahr einen Höhepunkt erreicht.»
Thomas Bauer hält für problematisch, dass es keinen Mechanismus gibt, der Unternehmen im Falle von Lohndiskriminierung zwingt, Massnahmen zu ergreifen. «Wir müssen dringend das Gleichstellungsgesetz verschärfen und schauen, dass man über Sanktionen die Gleichstellung fördern können.»
Mini-Pensen seien ein Problem
Optimistisch ist der Schweizerische Arbeitgeberverband. Dass sich das Lohngefälle zwischen Frau und Mann weiter verringere, sei eine sehr positive Nachricht, sagt Mediensprecher Andy Müller. «Wir sind überzeugt, dass sich diese positive Entwicklung nicht mehr aufhalten lässt und sich die Löhne zwischen Frauen und Männern in den letzten Jahren immer mehr angleichen werden.»
Laut Müller kritisiert der Arbeitgeberverband schon lange, dass die Statistik bei den unerklärbaren Lohnunterschieden verschiedene Faktoren nicht berücksichtige. Ein Beispiel sei die effektive Berufserfahrung. «Dies ist wahrscheinliche eine der Erklärungen, warum wir bei den unerklärbaren Lohnunterschieden in dieser Statistik immer noch eine relativ grosse Differenz haben.»
Unerklärbare Lohnunterschiede gebe es nach Meinung des Arbeitgeberverbands nicht mehr, sagt Müller. «Mit einer besseren Geschlechterdurchmischung in den einzelnen Berufsgruppen und einer Abkehr von den Mini-Pensen, die viele Frauen belegten, werden wir in Zukunft noch viel weniger Lohnunterschiede haben», ist Müller überzeugt. Zudem müsse die Gesellschaft dafür sorgen, dass Frauen zunehmend auch in Jobs mit interessanten Verdienstmöglichkeiten einstiegen. «Uns fehlen schweizweit Ingenieurinnen.»
(bza)