Bis Mittwoch hatten der Berner Nationalrat Albert Rösti, der Berner Ständerat Werner Salzmann, der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler und die Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger ihre Bundesratskandidatur angekündigt. Jetzt steht eine neue Person auf der Kandidatenliste: Hans-Ueli Vogt wird für die Zürcher SVP um den Sitz im Bundesrat kandidieren.
Der 53-jährige Jurist ist ehemaliger Nationalrat, gilt eher als zurückhaltend und will im Bundesrat Brücken bauen. Seine Kandidatur kommt überraschend. Doch nun sorgt insbesondere seine Homosexualität für Diskussionsstoff. Für einige ein Skandal, dass dies zum Thema wird, für andere hingegen ein legitimer Dialog.
«Meine sexuelle Orientierung spielt keine Rolle»
Vogt ist so ziemlich das Gegenteil des abtretenden Bundesrats Ueli Maurer und in den Reihen der SVP eher eine Ausnahmeerscheinung. Er ist Professor für Privat- und Wirtschaftsrecht an der Universität Zürich, lebt in der Stadt Zürich und ist offen homosexuell. Auf Letzteres wurde Vogt bei der Pressekonferenz zur Kandidaturverkündung angesprochen.
Ob die Schweiz denn bereit sei für einen homosexuellen Bundesrat, so die Frage eines Journalisten. Eine Frage, die vielleicht nicht an die Pressekonferenz gehört? Eine Frage, die frech und fehl am Platz ist? So empfinden das zumindest viele, wie Twitter-Diskussionen zeigen.
🤔Die #SVP #Zürich @svpzh nominiert den schwulen Ex-Nationalrat Hans-Ueli #Vogt als Kandidat für den #Bundesrat. Linke fluten die sozialen Medien seit Stunden mit Posts zu seiner sexuellen Orientierung. Habt ihr ein Problem damit? https://t.co/i54zwEvie7
— Marc Schinzel 🇺🇦 (@MarcSchinzel) October 19, 2022
Ein Detail wird hier von einem anderen User korrigiert:
Und zwar so.
— Thomas Gruber (@tmgruber) October 19, 2022
🤔Die #SVP #Zürich @svpzh nominiert den Ex-Nationalrat Hans-Ueli #Vogt als Kandidat für den #Bundesrat. Linke fluten die sozialen Medien seit Stunden mit Posts zu seiner sexuellen Orientierung. Habt ihr ein Problem damit?
Bireweichi, unverschämti Frag. Isch Privatsach.
— pɹǝɟdɹǝƃıʇ (@tigerpferd) October 19, 2022
Grundsätzlich einverstanden. Mit dem letzten Satz kann ich allerdings nichts anfangen. Was hat das mit seinem Amt zu tun?
— Ruedi Stricker (@RuediStricker) October 19, 2022
Von einigen wird die Diskussion aber ins Lächerliche gezogen. So postet ein User: «Da soll einer sagen, die SVP ist nicht LGBTQ-freundlich. Im Gegenteil! Der erste schwule Bundesratskandidat! Bravo!» Und dann erscheinen solche Antworten:
Oder der Vogt hat sie auf besondere Art und Weise überzeugt... Ou, nein, sorry, Kopfkino !?!😵💫
— Cassio (@Der_Kritiker_1) October 19, 2022
Rücksichtsvoll und viel Verständnis
Vogt selbst hatte in der Pressekonferenz betont, dass seine sexuelle Orientierung keine Rolle spiele. «Es ist wohl so, wenn man einer Minderheit angehört, berechnet man immer in seinem Verhalten mit, dass es Leute gibt, die zu einer Minderheit gehören. Einzubedenken, dass alles Tun Auswirkungen auf Betroffene einer Minderheit hat – das macht eine Person vermutlich zu einem empfindsameren und rücksichtsvolleren Menschen.» Er fügte hinzu, dass dies nützliche Eigenschaften für einen Politiker seien.
Fachlich starker Kandidat
Nur schon Vogts Reaktion an der Pressekonferenz zeigt: Er ist seriös und antwortet bedacht. Fachlich gesehen wäre Vogt wohl ein starker Bundesrat. Er tritt zwar inhaltlich gemäss seinem Parteiprogramm auf, ist aber kein SVPler, der provoziert. Seriöse Argumente sprechen für Vogts Kompetenzen. Privat wirkt er hingegen menschlich und emotional. Auf Instagram zeigt er sich so, wie er ist – etwa, wenn er gerade in den Badehosen den Sommer geniesst.