Die ganze erste Jahreshälfte war trocken, wie das Bundesamt für Umwelt (Bafu) am Dienstag in einer Bestandsaufnahme mitteilte. Nach dem schneearmen Winter fehlt auch das Schmelzwasser. Viele kleinere und mittelgrosse Flüsse führten Niedrigwasser. Die von Gletschern gespeisten Flüsse hingegen weisen durch den Gletscherschwund hohe Wasserstände auf.
Gewässer haben wenig Wasser und sind zu warm
Aktuell sind die Wasserstände im Jura, Mittelland und Tessin unterdurchschnittlich. Selbst grosse Flüsse wie Aare und Rhein führen markant wenig Wasser. Die Pegelstände der Seen liegen meist auf saisonalen Normwerten. Unterdurchschnittlich ist der Wasserstand im Vierwaldstätter-, Walen-, Boden- und besonders im Langen- und Luganersee.
Über der Norm lagen im Juni die Temperaturen der Flüsse. Manche Messstellen registrierten Juni-Rekorde und Temperaturen über 26 Grad. Aufgrund der Gewitter Ende Monat gingen die Temperaturen etwas zurück, liegen aber weiterhin für die Jahreszeit hoch.
Genug Wasser vorhanden
Das Grundwasser reagiert langsamer auf die Trockenheit als die Oberflächengewässer. Aktuell registrieren die Hydrologen des Bundes keine Auswirkungen auf Grundwasserstände und Quellenabflüsse. Die Grundwasserstände sind normal oder tief wegen des Niederschlagsmangels.
Die Schweiz verfügt damit weiterhin über genügend Wasserreserven. 80 Prozent des Trinkwassers stammen aus dem Grundwasser, der Rest aus Seen. Nur bei kleinen lokalen Grundwasservorkommen und Quellen rechnet das Bafu mit Engpässen. Die Gemeinden rufen dann zum Wassersparen auf. Auch in Zukunft wird es indessen genug Wasser geben.
Wasserlebewesen leiden
Die hohen Wassertemperaturen setzen den Wasserlebewesen zu. Die Fische leiden unter Stress oder sterben sogar. Zudem steigt ihr Krankheitsrisiko. In naturnahen Gewässern ist das Problem kleiner, da Fische dort tiefere Stellen mit kühlerem Wasser finden.
Hitze und Trockenheit machen indessen auch Tieren an Land das Leben schwer. Sie passen sich zwar an, suchen Schatten und sind am Tag weniger aktiv. Solange Wasser vorhanden ist, entstehen keine grösseren Probleme. Besonders Vögel und Kleinsäuger wie Igel finden aber häufig kein Wasser. Ihnen kann man mit Tränken helfen an Stellen, wo sie vor Feinden sicher sind.
Beschleunigter Gletscherschwund
Weil der Winter schneearm war, schmelzen die Gletscher 2022 besonders stark. Dabei verlieren grössere Gletscher weniger Masse als kleinere. Eine erste Einschätzung des Gletscherschwunds ist gemäss dem Bafu im Oktober möglich. Die definitive Bilanz erfolgt Ende Jahr nach Auswertung der glaziologischen Daten.
In manchen Gebieten liessen Hitze und Trockenheit die Waldbrandgefahr ansteigen. Das Ozon überstieg im Juni wie in den Vorjahren auf der Alpennordseite mancherorts die Immissionsgrenzwerte an mehreren Tagen. In der Südschweiz war die Belastung besonders hoch.
(sda/osc)