Wie der Ständerat lehnte am Mittwoch auch Nationalrat zwei Motionen aus der SVP ab, nach teilweise emotionaler Debatte. Die SVP-Fraktion verlangte eine eigenständige Schweizer Steuerung der Zuwanderung, mit jährlichen Höchstzahlen und Kontingenten. Sie erinnerte an die 2014 angenommene Masseneinwanderungsinitiative.
Gregor Rutz (ZH) verlangte mit der zweiten Motion Abklärungen zur Frage, wie Asylverfahren im Ausland durchgeführt werden könnten, allenfalls zusammen mit anderen Ländern. Mit Schutzzentren im Ausland könnte der Menschenhandel bekämpft werden. Es brauche einen Paradigmenwechsel.
Sekundärmigration verhindern
Der Bundesrat bekräftigte, dass er Asylverfahren in Drittstaaten für nicht durchführbar hält. Bemühungen einzelner europäischer Staaten, Verfahren im Ausland durchzuführen, seien gescheitert, sagte Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider. Das Schweizer Recht und das Völkerrecht garantierten das Recht, ein Asylgesuch zu stellen.
Anlass für die Debatte in beiden Räten war eine ausserordentliche Session zum Thema Zuwanderung und Asyl. Der Ständerat hatte die beiden SVP-Forderungen bereits am Mittwochvormittag abgelehnt. Der Nationalrat debattierte noch über weitere Vorstösse.
Dabei stellte sich eine Mehrheit mit 92 zu 83 Stimmen hinter die FDP-Forderung, auf Asylgesuche von aus sicheren Drittstaaten Eingereisten ausnahmslos nicht einzutreten. Die FDP sieht das als Mittel gegen Sekundärmigration. Unterstützt wurde sie von der SVP und einer Mehrheit der Mitte. Diese Motion geht an den Ständerat.
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Der Bundesrat wandte sich gegen eine Anpassung des Asylgesetzes. Diese widerspreche dem Non-Refoulement-Prinzip und humanitäre Aufnahmen verunmöglichen würde. Es brauche eine Möglichkeit für Ausnahmen von der Regel.
Der Nationalrat will auch wissen, wie der Bundesrat Reformvorschläge der EU für ein gemeinsames europäisches Asylsystem beurteilt. Mit einem oppositionslos überwiesenen Postulat von Gerhard Pfister (Mitte/ZG) bestellte er einen Bericht dazu. Diese soll auch aufzeigen, wie die Schweiz diese Reform nutzen kann.
Die Wogen gingen zeitweise hoch in der Debatte, und der Tonfall war zeitweise gereizt, wenn nicht gar gehässig. Vor der ausgiebigen Fragerunde an Elisabeth Baume-Schneider - genutzt von zahlreichen SVP-Vertretern und -Vertreterinnen - rief Ratspräsident Martin Candinas (Mitte/GR) vorsorglich zum Respekt auf.
Kein Entscheid über Hilfe in Ukraine
Noch nicht entschieden hat der Nationalrat über vier Motionen für mehr Schweizer Hilfe in der Ukraine. Drei Vorstösse aus Mitte, SP und GLP fordern eine Aufstockung der humanitären Hilfe im angegriffenen Land. Finanziert werden soll sie als ausserordentliche Ausgabe, also ohne Folgen für das Budget der Auslandshilfe.
Eine weitere Motion aus der Grünen Fraktion verlangt ein Unterstützungsprogramm von mindestens fünf Milliarden Franken für die Ukraine und die nötigen Rechtsgrundlagen dafür. Der Rat wies die vier Vorstösse der zuständigen Kommission zur Prüfung zu mit einem Ordnungsantrag von Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS).
Bregy hatte zu bedenken gegeben, dass die Motion rechtlich nicht umsetzbar sein könnten. Laut dem Bundesamt für Justiz seien die Wiederaufbauhilfe in der Ukraine planbar und damit die Voraussetzung für eine ausserordentliche Verbuchung nicht gegeben.
Tiana Angelina Moser (GLP/ZH) widersprach vergeblich. Die drei Motionen beträfen die humanitäre Hilfe, und Ausserordentlichkeit sei deshalb berechtigt, sagte sie. Wolle die Schweiz international glaubwürdig auftreten, tue sie gut daran, einen angemessenen Beitrag an die humanitäre Hilfe zu leisten.
Eine ähnlich lautende Motion von Mathias Zopfi (Grüne/GL) ist im Ständerat noch hängig; die kleine Kammer hat sie im Juni ebenfalls an die zuständige Kommission geschickt. Mitunterzeichnet haben Mitglieder der fünf im Ständerat vertretenen Parteien.
(sda)