Schweiz

So wird der Namenswechsel der CVP zu "die Mitte" beurteilt

Presseschau

So wird der Namenswechsel der «CVP» beurteilt

05.09.2020, 08:20 Uhr
· Online seit 05.09.2020, 06:32 Uhr
Ein grosses Risiko, ehrgeizige Ziele und die Frage, warum ein Namenswechsel schaffen soll, was der CVP bisher misslang. Das sind die Stimmen zum gestrigen Entscheid, die schweizweite Partei in «Die Mitte» umzubenennen.
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Die «Neue Zürcher Zeitung» wirft in ihrem Kommentar zum Namenswechsel gleich am Anfang eine wichtige Frage auf: Weshalb soll «Die Mitte» schaffen, was der CVP nie gelang? Damit meint die NZZ, in den grossen Ballungszentren politisch eine entscheidende Rolle zu spielen.

Die letzte Häutung der CVP

Die «NZZ» spricht von der «letzten Häutung der CVP», sie lege endgültig ihr katholisch-konservatives Erbe ab. Nichts soll mehr auf die Verwurzelung im katholischen Milieu hindeuten. Das Ziel ist klar: Neue Wählersegmente in den jungen, urbanen, bevölkerungsreichen und vor allem einst protestantischen Kantonen wie Zürich, Bern und der Waadt gewinnen.

Ob das gelingen kann? Die «NZZ» zweifelt es zumindest an. Sowieso sei die «Die Mitte» zunächst eher eine Verortung im politischen Spektrum, als eine politische Haltung. Da kommt die Ergänzung ins Spiel: «Freiheit, Solidarität, Verantwortung». Gemäss dem Kommentar eine subtile Referenz auf die katholische Soziallehre.

Hat es die CVP also geschafft, ihr katholisches Erbe zu bewahren und gleichzeitig neue Wähler zu gewinnen? Das wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Weder Emotionen, noch Machtanspruch

Mit dem neuen Namen der Partei hadert auch der «Tages-Anzeiger» in seinem Kommentar. Er vermittle weder Inhalte noch Werte noch Emotionen. Ja, er vermittle nicht einmal einen Machtanspruch. Ein hartes Urteil.

Dafür hält der «Tagi» dem Vorschlag zu Gute, dass es eine «gnadenlos ehrliche Chiffre» über das sei, was die Partei zusammenhalte: «Ein Unbehagen gegenüber <Extremlösungen>.» Nun sei es jedoch umso wichtiger, dass Parteipräsident Gerhard Pfister und seine Leute der neu-benannten Partei ein klares Profil gäben, das sonst fehle.

Trotzdem: Ein unverbrauchter Name sei gemäss «Tagi» nötig – und deshalb auch einleuchtend –, um die geplante Fusion mit der BDP vollziehen zu können.

Ehrgeizige Ziele für die Wahlen 2023

Auch die Analyse des «Schweizer Radio und Fernsehens» rückt die Fusion mit der BDP ins Zentrum der Diskussion. Gerhard Pfister möchte bei den Nationalratswahlen 2023 wieder auf 20 Prozent der Stimmen kommen – ein überaus ehrgeiziges Ziel. Aktuell steht die CVP bei elf Prozent. Deshalb auch das Zusammenkommen mit der «gescheiterten» BDP.

Die BDP hatte stets auf Konsens gesetzt und sich von den Extremen distanziert. «Mit spektakulärem Misserfolg», wie das «SRF» festhält. Und die CVP setzte nun ausgerechnet auf das gleiche Verkaufsrezept.

Gemäss des «SRF» könne die Partei am ehesten wieder zulegen, wenn sie es schafft, Menschen anzusprechen, die bisher nicht gewählt haben. Menschen, die der zunehmenden Polarisierung etwas entgegensetzen möchten. Und genau so könnte dann das «brave» Etikett «Die Mitte» attraktiv werden.

Fusion gar als Gefahr

Noch deutlicher in Bezug auf die Fusion mit der BDP wird der Politgeograf Michael Hermann in der «Schweiz am Wochenende»: Er nennt es eine «Fusion der Verzweiflung» und «die BDP ist eine Art Konkursmasse und damit günstig zu haben.»

Damit könne zwar das «katholische Ghetto», wie es die Schweiz am Wochenende nennt, verlassen und einige Stimmen in der Mitte gewonnen werden. Aber es bestünden gemäss Hermann auch beträchtliche Risiken für die CVP. So drohe sie in ihren Hochburgen zu verlieren, wo sie aktuell stark in den Exekutiven, in den Parlamenten und im Ständerat vertreten sei.

(kra)

veröffentlicht: 5. September 2020 06:32
aktualisiert: 5. September 2020 08:20
Quelle: PilatusToday

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