Schweiz

Soll man Kindern nach Porno-Konsum tatsächlich Angst machen?

Grusel-Kampagne

Soll man Kindern nach Porno-Konsum tatsächlich Angst machen?

· Online seit 28.04.2023, 08:05 Uhr
Die Kampagne «Porno schauen ist nicht okay» soll Kinder und Jugendliche erschauern. Die Botschaft: Schau keine Pornos und leite ja keine weiter. Darüber, ob die Kampagne den richtigen Ton trifft, sind sich die Experten uneins.
Anzeige

Ein gfürchiger Mann hebt den Zeigefinger und raunt mit tiefer Stimme: «He du, ich beobachte dich und ich weiss was du gestern getan hast. Du hast einen Porno geschaut. Oh Mann, das ist nicht okay!» Dabei handelt es sich weder um einen Erpressungsversuch, noch sollen Zuschauerinnen und Zuschauer religiös bekehrt werden. So beginnt ein neuer Clip der Schweizerischen Kriminalprävention in Zusammenarbeit mit der Polizei.

Der Clip richtet sich an Kinder und Jugendliche. Sie sollen keine Pornos schauen, weil dies für sie schlecht ist. Darin wird zudem darauf hingewiesen, dass Pornografie nicht an unter 16-Jährige weitergeleitet werden darf. Oder dass das Senden von Nacktbildern, das sogenannte Sexting, unter Minderjährigen als Kinderpornografie gilt und somit illegal ist.

Experten uneins über Kampagne 

Was sagen Fachpersonen zum Droh-Clip? Hierzu gehen die Meinungen auseinander. Barbara Berger, Geschäftsleiterin des Aufklärungsdachverbandes Sexuelle Gesundheit, sagt: «Mich überzeugt die Kampagne nicht. Und die scheint mir auch nicht auf die Zielgruppe zugeschnitten.»

Als Gegenbeispiel, wie Aufklärung zu diesem Thema auch funktionieren kann, nennt sie die Sexualaufklärungsbroschüre «Hey You». Das Thema «Pornografie» wird dort wie folgt eingeleitet: «Vielleicht bist du auch schon auf einen pornografischen Inhalt gestossen? Wenn ja, dann stehst du nicht alleine da. Einige sind erregt beim Anblick, andere ekeln sich. Beides ist völlig okay.»

Weiter werden die Problematiken der Pornoindustrie, etwa das Verbreiten von falschen Vorstellungen, diskutiert. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass es auch Pornos gibt, die Menschen mit unterschiedlichen Körperformen zeigen oder Darstellende auf die jeweiligen Bedürfnisse des jeweils anderen eingehen.

Darauf, dass die Verbreitung von Pornos an unter 16-Jährige verboten ist oder dass Pornos mit Minderjährigen, Tieren und Gewalt verboten sind, wird in der Broschüre auch prominent hingewiesen. Allerdings ohne Drohgebärden.

Ist der Repressions-Ansatz der richtige? 

Stefan Wittwer, Geschäftsführer des Berufsverbandes Bildung Bern, lobt hingegen die Kampagne der Schweizerischen Kriminalprävention. «Sie ist deshalb gut, weil sie in einem neuen Ton daherkommt.» Die Prävention in diesem Bereich gelinge nur, wenn auch Konsequenzen, wenn auch repressive Massnahmen präventiv genannt werden.

«Die Kampagne ist klar und eindringlich und macht den Kindern klar, was verboten ist.» Es wäre der «völlig falsche Ton», zu vermitteln, Kinder und Jugendliche sollten bloss weniger Pornos schauen. Zumal es auch klare Gesetze dazu gibt, gerade was das Weiterleiten von pornografischen Inhalten sowie das Senden von Nacktbildern angeht. Es sei wichtig, diese klaren Grenzen aufzuzeigen, so Wittwer.

Im Clip ist etwa davon die Rede, dass die Polizei ins Klassenzimmer komme, wenn Kinder gegen die Pornoregeln verstossen. Dies sei doch «peinlich», so die Botschaft. Ganz zufrieden zeigt sich Wittwer über diese Darstellung aber nicht. «Mich haben das Bild und die Aussagen irritiert, dass die Polizei die Täterinnen und Täter direkt im Klassenzimmer abholt.» Das werde in der Realität hoffentlich kaum so gemacht.

Eltern sind in der Verantwortung 

Der Bildungsexperte glaubt dennoch, dass der raue Ton und die Polizei als Absenderin mit Autorität dabei helfen, das Problem zu bekämpfen. Auch als Appell an die Eltern. «Dieser Clip lässt erschauern und kann Eltern die Augen öffnen», sagt Wittwer.

Er weist darauf hin, dass die Porno-Problematik vor allem ausserhalb des Schulzimmers bestehe. «Der Schulweg oder was Schülerinnen und Schüler auf ihrem Handy machen, liegt in der Verantwortung der Eltern.» Hierzu könne die Schule einzig mit Aufklärung im Unterricht mithelfen. Oder indem Klassenlehrpersonen zusammen mit externen Fachleuten die Themen aufnehmen, wenn es in der Klasse Vorfälle von Mobbing oder Sexting gibt.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

veröffentlicht: 28. April 2023 08:05
aktualisiert: 28. April 2023 08:05
Quelle: BärnToday

Anzeige
Anzeige
[email protected]