Der Ruf nach einer Impfung gegen Affenpocken wird immer lauter. Der Dachverband für schwule und bisexuelle Männer Pink Cross fordert in einer Petition den Bundesrat auf, Impfstoff und Medikamente national zu beschaffen. Darauf zog der Zürcher Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri (GLP) nach und verlangte ebenfalls eine rasche Beschaffung.
Der fehlende Impfstoff ist aber nicht das einzige Problem in der Schweizer Affenpocken-Politik. Geht es nach Public-Health-Experte Erwin Carigiet, hat der Bund, der mit der Aids-Hilfe Schweiz zusammenarbeitet, bereits bei der Kampagne versagt.
Wirksame Kampagne fehle
«Leider hat es das BAG bis jetzt unterlassen, eine umfassende und coole Informationskampagne zu lancieren», sagt Carigiet. Es fehle eine Kampagne, mit der die am meisten betroffene Gruppe, der Männer, die Sex mit Männern hätten, wirksam angesprochen werde.
Laut Carigiet enthält die Kampagne zwar korrekte Information. «Aber ich meine, dass die Kampagne einerseits zumindest zum Teil die Situation verharmlost und andererseits zu wenig emotional ausgestaltet ist.»
«Nackte Menschen haben gewirkt»
Er bezweifle, dass die nüchterne Art der Information die Risikogruppen erreiche, so der Gesundheitsexperte. «In den berühmten Kampagnen der 1990er und 2000er Jahre ist mit vielen nackten Menschen in grosser Nähe zueinander gearbeitet worden. Dies hat gewirkt.» Der ehemalige Direktor des Triemlispitals findet zudem problematisch, dass die Website der Aids-Hilfe schreibe, es gebe keinen Grund zur Sorge und auf eine seltene Virusinfektion hinweise.
Das Markenzeichen der Kampagne sind drei Affen-Emojis. Carigiet hält das gewählte Sujet für unglücklich. «Die drei Äffchen finde ich persönlich etwas ‹kindlich› und der Situation nicht angemessen.» Zudem hält er das Sujet für problematisch, da es Ignoranz suggeriere, dabei gehe es doch eher um «verdrängen» und «wegsehen». Die drei beliebten Emojis bedeuten: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.
Kampagne solle nicht wie Medikamenten-Beipackzettel aussehen
Die Zielgruppe der Kampagne sieht hingegen keinen Handlungsbedarf. «Das Ziel einer Kampagne ist, aufzufallen. Die Affen-Emojis erfüllen dieses sehr gut», entgegnet Roman Heggli, Geschäftsführer von Pink Cross. Eine Kampagne müsse hauptsächlich in der Kommunikation gut funktionieren. «Es wäre falsch, wenn die Affenpocken-Kampagne wie ein Beipackzettel eines Medikaments aussehen würde.»
Heggli beurteilt die Kampagne als effizient und aktuell. Die Informationen seien umfassend und würden regelmässig aktualisiert. Es sei richtig, dass sich das BAG mit der Aids-Hilfe zusammenspanne. «Man hätte es nicht besser machen können. Die Aids-Hilfe weiss, wie sie diese Zielgruppe erreichen kann», lobt er. Auch seien die Plakate gut platziert. «Die Kampagne ist zum Beispiel auf Social Media, an Schwulenpartys und in queeren Bars zu sehen. Das genügt. Die Plakate müssen nicht an Bahnhöfen hängen.»
BAG bleibt bei aktueller Kampagne
Das BAG plant keine Anpassung der Kampagne. Für das Gelingen von Kampagnen sei die Zusammenarbeit mit Organisationen wichtig, die die Interessen der Betroffenen verträten und gut vernetzt seien, sagt Mediensprecher Daniel Dauwalder.
«Die Aids-Hilfe Schweiz geniesst hohes Vertrauen bei Männern, die Sex mit Männern haben, und hat einen direkten Zugang zu dieser Community», so Dauwalder. Dadurch verfüge sie über das Wissen, auf welche Weise die Zielgruppe am besten erreicht werden könne.