«Stealthing», das heimliche Abziehen des Kondoms, bleibt in der Schweiz doch nicht straffrei: Das Zürcher Obergericht hat einen 25-jährigen Studenten wegen sexueller Belästigung zu einer Busse von 2500 Franken verurteilt. Dies auf Geheiss des Bundesgerichts.
Der Student hatte im Jahr 2017 beim Geschlechtsverkehr mit einer Studentin heimlich sein Kondom abgezogen. Als Begründung gab er an, das «Ding sei ihm zu eng gewesen». Der Staatsanwalt hatte dafür 14 Monate Freiheitsstrafe bedingt gefordert, wegen Schändung.
Das heimliche Abstreifen des Kondoms sei keine Bagatelle, hatte der Staatsanwalt vor Obergericht gesagt. Die Studentin habe wochenlang in der Angst gelebt, sich mit HIV angesteckt zu haben. Sie habe deshalb auch eine HIV-Prophylaxe gemacht.
Der Student hingegen habe keinerlei Empathie gezeigt und versucht, seine Tat mit unangebrachten Witzen kleinzureden. Die beiden hatten sich über die Dating-App Tinder kennengelernt.
Keine Schändung, aber auch keine Vergewaltigung
Das Bezirksgericht Bülach und das Obergericht sprachen den Studenten jedoch vom Vorwurf der Schändung frei. Dies, weil «Stealthing» bis jetzt vom Gesetzgeber gar nicht abgedeckt ist. Bei dieser Form von Sexualdelikten herrscht eine Gesetzeslücke.
Eine Verurteilung wegen Schändung kommt nicht in Betracht, weil dies den sexuellen Missbrauch von wehrlosen Personen bezeichnet, also Schlafenden, Bewusstlosen oder Menschen mit Behinderungen. Auch als Vergewaltigung kann das Abziehen des Kondoms nicht eingestuft werden, weil die Partnerin ihr Einverständnis ja grundsätzlich gab.
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Verurteilung wegen sexueller Belästigung
Im Mai 2022 kam deshalb auch das Bundesgericht beim angeklagten Schändungsvorwurf zwangsläufig zu einem Freispruch. Es schickte den Fall aber ans Zürcher Obergericht zur Neubeurteilung zurück. Dieses müsse prüfen, ob allenfalls der Straftatbestand der sexuellen Belästigung erfüllt sei, fand das Bundesgericht.
Das Obergericht beurteilte den Fall neu und kam zum Schluss, dass eine Verurteilung wegen sexueller Belästigung möglich ist. Der Student, zum Tatzeitpunkt studierte er Jura, erhält nun eine Busse von 2500 Franken, wie aus dem kürzlich publizierten Urteil hervorgeht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann erneut ans Bundesgericht weitergezogen werden.
(sda/log)