Chika Uzor, Sie sind Seelsorger in St.Gallen, betreuen Flüchtlinge und Migranten, die sich heute hier zu Hause fühlen. Wie geht es Ihnen, angesichts der weltweiten Protesten nach dem brutalen Tod von George Floyd durch einen US-Polizisten?
Mein Magen hat sich umgedreht. Ich habe mich gefragt: Was muss in einem Menschen vorgehen, dass er mit einem solchen Hass einen anderen Menschen so behandelt? Wie kommt es, dass die braune Hautfarbe für rosarot-häutige Menschen so eine Bedrohung darstellt, nicht nur in den USA, auch in Europa?
Viele Menschen protestieren friedlich, andere mit Gewalt – es kommt zu Ausschreitungen. Ist das gerechtfertigt?
Das sind ja Leute, die ohnehin mit dem Rücken zur Wand stehen und nun eine Gelegenheit sehen, ihre Wut auszudrücken. Ich sage nicht, dass es korrekt ist, aber ich habe Nachsehen. Gleichzeitig hoffe ich, dass diese Demonstrationen und Kundgebungen anhalten und etwas verändern.
Sie sind in den 1980-Jahren mit einem Stipendium aus Nigeria nach Europa gekommen, zuerst nach Österreich, später in die Schweiz. Mussten Sie selbst Erfahrung mit Rassismus machen?
Ich habe einmal ein Gipfelkreuz auf dem Viznauerstock eingeweiht, das stand in der Zeitung. Dass ein Afrikaner das macht, war Marcel Strebel von der rechtsradikalen Patriotischen Front ein Gräuel. Daraufhin kamen er und einige Skinheads nach dem Gottesdienst in die Pfarrei und suchten mich. Als sie mich nicht fanden, zündeten sie ein Holzkreuz an und schlugen die Schaufenster in dem Restaurant ein, wo ich gerne zu Mittag ass.
Das sehr persönliche Interview mit Chika Uzor hört ihr im neuen «Gott und d'Welt»-Podcast: