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Als Frau Rad-Weltmeisterin geworden – als Mann geheiratet und ein Café eröffnet

Willy de Bruyn

Als Frau Rad-Weltmeisterin geworden – als Mann geheiratet und ein Café eröffnet

· Online seit 04.08.2024, 09:53 Uhr
Willy de Bruyn war ein gefeierter Radfahrer: Bei den inoffiziellen Weltmeisterschaften gewann er viermal. Allerdings bei den Frauen. Dann kündigte de Bruyn an, dass er den Rest seines Lebens als Mann leben werde.
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Frauenradrennen waren lange verboten. Der offizielle Verband, die Union Cycliste Internationale, erkannte den Sport erst 1958 an, in der Schweiz wurden bereits 1940 Rennen offiziell gewertet, das erste Rennen gab es trotzdem erst 1976.

Natürlich gab es trotzdem schon früher Strassenrennen für Frauen. Bei einem solchen machte Willy de Bruyn, der am 4. August 2024 110 Jahre alt geworden wäre, im Alter von knapp 16 Jahren mit. Das Preisgeld von 300 belgischen Francs lockte ihn – für de Bruyn war das der Lohn einer Woche, er arbeitete in einer Zigarettenfabrik.

Hobby-Radfahrer de Bruyn gewann. Der Preis habe sich aber rasch «verflüssigt», wie er später einmal erzählte. Zur Feier verprassten er und seine Freunde mehrere Flaschen Wein.

Inoffizielle Weltmeisterin

De Bruyn fand Gefallen am Radsport. Er nahm an mehreren kleineren Rennen in der Nähe seiner Heimat Erembodegem teil.

Den sportlichen Höhepunkt erreichte Willy de Bruyn im September 1934. In Brüssel wurden die inoffiziellen Weltmeisterschaften ausgetragen. Athletinnen aus mehreren Ländern nahmen teil – und wieder gewann de Bruyn.

Obwohl der Frauen-Radsport noch nicht anerkannt war, war de Bruyn ein Star. Im Buch «Ride the Revolution: The Inside Stories From Women in Cycling» schreibt Suze Clemitson: «Er war ein wichtiger Einfluss auf die Art und Weise, wie sich der Frauen-Radsport in Belgien zu dieser Zeit entwickelte.»

Doch de Bruyn war nicht wirklich glücklich. Er wollte als Mann leben. Mit 22 Jahren hörte er mit dem Radsport vorerst auf und konsultierte einen Arzt: «Nach dem Untersuch bekam ich ein Zertifikat, das alle Zweifel beseitigte.»

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Langer Kampf um Anerkennung

In der Zeitung «De Dag» schrieb er eine Serie mit dem Titel «Wie ich von der Frau zum Mann wurde». Nach heutiger Definition war de Bruyn höchstwahrscheinlich Intergeschlechtlich, das heisst, dass er mit biologischen Merkmalen zur Welt kam, die sich nicht eindeutig in eine männliche oder weibliche Kategorie einordnen lassen.

De Bruyn musste über Monate vor Gericht kämpfen, bis er einen neuen Geburtsschein mit seinem neuen Namen und Geschlecht bekam.

Später nahm de Bruyn noch bei ein paar Radrennen für Männer teil, aber die Karriere war kurz und nicht besonders erfolgreich.

1938 heiratete de Bruyn seine langjährige Freundin Clementine. Sie eröffneten zusammen ein Café in Brüssel. Um Kunden anzulocken, schaltete er Inserate als «Ehemalige Rad-Weltmeisterin, die heute ein Mann ist».

De Bruyn starb am 13. August 1989 in Antwerpen im Alter von 75 Jahren. Seine bewegte Geschichte führte dazu, dass in Brüssel 2019 eine Strasse nach ihm benannt wurde, 2021 ehrte ihn Google auch mit einem Doodle.

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veröffentlicht: 4. August 2024 09:53
aktualisiert: 4. August 2024 09:53
Quelle: FM1Today

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