Barty wurde ihrer Favoritenrolle gegen die 19-jährige Vondrousova, die ohne Satzverlust in den Final eingezogen war, vollends gerecht. Sie war die aktivere der beiden Spielerinnen und überstand die wenigen heiklen Moment souverän. In nur 70 Minuten kam sie zu ihrem ersten Grand-Slam-Sieg im Einzel. «Du hast mir eine Lehrstunde erteilt», sagte Vondrousova und fasste den Match damit treffend zusammen.
Vondrousova fand nach dem nahezu perfekten Lauf in den Final, den Rhythmus und die Sicherheit nie. Als die Linkshänderin Mitte des zweiten Satzes ihre Nervosität etwas abgelegt hatte und besser zu spielen begann, war der Rückstand schon nicht mehr aufzuholen. Dem ersten Teenager im French-Open-Final seit Ana Ivanovic 2007 wurde die Unerfahrenheit etwas zum Verhängnis. Sie hat in ihrer Karriere erst einen Titel gewonnen - 2017 in Biel.
Barty war abgeklärter. Sie kam mit dem Druck offenbar besser zurecht. In beiden Sätzen ging sie gleich zu Beginn entscheidend in Führung und im Gegensatz zum Halbfinal gegen Amanda Anisimova wankte sie nicht mehr, als es ernst wurde. Mit ihrem ersten Matchball beendete sie die Partie und die australische Durststrecke. Samantha Stosur war 2011 (US Open) die letzte Major-Siegerin aus Down Under gewesen.
Es ist ein erstaunlicher Weg, der Barty zu diesem Erfolg geführt hat. Als grosses Talent gehandelt scheiterte sie bei ihrem ersten Versuch, bei den Profis in die Weltspitze vorzustossen. Sie kam mit dem Druck schlecht zurecht und bekundete Mühe mit dem Leben auf der Tour. «Alles ging so schnell. Ich wollte mal ein normales Leben führen.» Ende 2014 nahm sie sich eine Auszeit und widmete sich dem Cricket.
Anfang 2016 kehrte Barty zum Tennis zurück. Und ab 2017 - nach einer überstandenen Armverletzung - stellte sich der Erfolg ein. Sie kletterte kontinuierlich die Weltrangliste hoch. Im Juni 2016 war sie noch jenseits der Top 600 klassiert gewesen, als Nummer 8 nahm sie das French Open in Angriff, und am Montag wird sie hinter Naomi Osaka die Nummer 2 sein. So gut war letztmals eine Australierin 1976 klassiert (Evonne Goolagong).
«Ich bin unglaublich stolz, auf das, was ich erreicht habe», blickte Barty auf die letzten Jahre und vor allem die letzten Tage zurück. In den kommenden Wochen könnte der Aufstieg der 1,66 m grossen Spielerin aus Queensland sich fortsetzen. Neben den 2,3 Millionen Euro Preisgeld kassierte sie in Paris 2000 Weltranglisten-Punkte, die sie bis auf 136 Zähler an Osaka heranbringen.