Wären alle bisherigen Super-League-Spiele nach exakt 90 Minuten abgepfiffen worden, stünde am Samstagabend im Kybunpark (18.00 Uhr) ein echtes Spitzenspiel an: Der Dritte St.Gallen würde den Zweiten FC Zürich empfangen, der punktgleich mit Basel und nur einen Zähler vor den Espen an der Spitze läge.
Würde. Bekanntlich nahmen die letzten beiden Heimspiele für das Team von Peter Zeidler (59) ein bitteres Ende, sowohl gegen Luzern (2:2) als auch gegen Sion wurde es erst tief in der Nachspielzeit um den Sieg gebracht. Genau umgekehrt ist die Gefühlslage beim FC Zürich, der die Tabelle dank seines Last-Minute-Tores im Derby gegen GC mit dem Punktemaximum anführt.
Kein konditionelles Problem
Auf diese Statistik angesprochen, offenbart Peter Zeidler, dass der späte Ausgleich von Guillaume Hoarau beim 1:1 gegen Sion am vergangenen Samstag noch immer an ihm nagt: «Natürlich war es nicht die Vorgabe, dass niemand bei Hoarau steht und er frei zum Kopfball kommt. Das haben wir nicht gut verteidigt und es ist bitter, dass wir in zwei Heimspielen in Folge so spät ein Gegentor zulassen.»
Als konditionellen Mangel will Zeidler die späten Gegentore aber nicht verstehen. Tatsächlich waren die Espen in der Vorsaison das Team mit den wenigsten Gegentoren in der Schlussviertelstunde. Ungeklärt bleibe aber die Frage, wie viel Qualität in der Mannschaft stecke, so Zeidler: «Wir suchen immer noch nach Hinweisen, die uns aufzeigen, wohin unsere Reise hingeht.»
Angst habe man vor dem Leader aber keine. «Wir werden wieder zu unseren Chancen kommen und müssen uns vor dem FC Zürich keinesfalls verstecken», so Zeidler.
FC Zürich so gut wie zuletzt vor 15 Jahren
Die Gäste aus der Limmatstadt sind mit vier Siegen aus den ersten vier Spielen so gut gestartet wie zuletzt in der Meistersaison 2006/2007 und als einziger Super-League-Club noch ohne Verlustpunkte. Mit André Breitenreiter (47) steht ein neuer Trainer mit Bundesliga-Erfahrung an der Seitenlinie, der dem FC Zürich eine Siegermentalität zu vermitteln scheint. Auf den Flügelpositionen hat sich der FCZ mit Adrian Guerrero (Valencia II) und Nikola Boranijasevic (Lausanne-Sport) clever verstärkt, er hat in Assan Ceesay einen zuverlässigen Skorer und in Antonio Marchesano einen offensiven Dreh- und Angelpunkt, der gerade mit seinen Standards den Unterschied ausmachen kann.
Noch schwer tut sich der FC Zürich hingegen mit der Spielgestaltung – ein Umstand, der zeigt, dass sich selbst der Leader zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison noch finden muss.
Jetzt müssen Stürmertore her
Entsprechend will Peter Zeidler der Tabelle noch nicht zu viel Aussagekraft zuschreiben. Er weiss, dass sich der FC St.Gallen mit fünf Punkten aus vier Spielen nicht eben fürstlich für die Leistungen belohnt hat. Dazu fehlen ihm die Automatismen. Er sagt: «Es gab Zeiten, da hatte die gesamte Mannschaft unsere Spielidee verinnerlicht, da wusste jeder Spieler genau, wann was zu tun war. So weit sind wir noch nicht.»
Auf der Hand liegt überdies, dass die Stürmer der Espen langsam aber sicher liefern müssen. Bisher war der Treffer von Boris Babic (23) gegen Luzern das einzige klassische Stürmertor des FC St.Gallen, gegen Sion sündigte besonders Kwadwo Duah (24) im Abschluss – er hätte den Sack gegen die Walliser schon lange vor der Nachspielzeit zumachen müssen.
Einen Hinweis hat Peter Zeidler also schon entdeckt: Seine Spieler kommen durchaus zu Chancen, müssen im Umgang mit diesen aber noch kaltschnäuziger werden. Es passt zur Devise des deutschen Cheftrainers: «Angriff ist die beste Verteidigung.»