Prickelnder könnte die Ausgangslage kaum sein: Wenn die Schweiz am Montagabend in der Luzerner Swissporarena gegen Bulgarien antritt (20.45 Uhr, SRF zwei), wird auf den TV-Bildschirmen auch das Zwischenresultat aus Belfast angezeigt, wo die Italiener zeitgleich auf Nordirland treffen.
Die Squadra Azzurra startet mit zwei Toren Vorsprung auf die Schweiz in die letzte Quali-Runde – und ist in der Bringschuld: Vom amtierenden Europameister wird erwartet, dass er sich direkt für die WM 2022 in Katar qualifiziert. Eine weitere Barrage-Schmach wie 2017 gegen Schweden liegt für den vierfachen Weltmeister schlicht nicht drin.
Doch ausgerechnet jetzt kämpfen die Italiener gegen Ladehemmungen in der Offensive, weil Knipser Ciro Immobile angeschlagen fehlt und Back-up Andrea Belotti nach einer Fussgelenks-Verletzung noch weit von seiner Bestform entfernt ist. Die renommierte Gazzetta dello Sport sah nach dem 1:1 in Rom indes ein von einzelnen Personalien losgelöstes Offensiv-Problem: «Für die letzten drei Tore brauchte Italien jeweils eine Standardsituation. Das ist zu wenig.»
Italien zittert – und das ist nicht der einzige Schweizer Vorteil.
Widmers Auswärtstor könnte Gold wert sein
Um den Gruppensieger zu ermitteln, nennt die FIFA insgesamt sieben Kriterien: Bei Punktgleichheit geben zunächst die Tordifferenz und dann die Anzahl erzielter Tore den Ausschlag. Sollte es der Schweiz gelingen, die zwei Tore im Fernduell wettzumachen, zählt der direkte Vergleich und damit – anders als etwa in der Champions League – auch die Anzahl erzielter Auswärtstore.
Bei gleich vielen Punkten und gleicher Tordifferenz läge die Schweiz vor Italien – Widmers Auswärtstor am Freitagabend in Rom könnte also Gold wert sein, weil die Italiener in Basel nicht über ein 0:0 hinauskamen.
Verrückt: Wären die Schweiz und Italien auch im Direktduell gleich auf, würde zuerst das Fairplay-Ranking und dann ein Losentscheid (!) darüber befinden, wer sich direkt für Katar qualifiziert. So weit wird es zum Glück definitiv nicht kommen.
Eine taktische Meisterleistung
Der Auftritt der Schweiz in Rom war eine taktische Meisterleistung: Nationaltrainer Murat Yakin verzichtete darauf, alles auf eine Karte zu setzen und erkannte stattdessen den Wert dieses einen Punktes. Die Schweiz zeigte eine äusserst reife Leistung und belohnte sich dafür mit einem Showdown gegen Bulgarien.
Bemerkenswert war dies nicht zuletzt deshalb, weil mit Elvedi, Xhaka, Embolo, Zuber oder Seferovic zahlreiche Leistungsträger fehlten. Doch der Generationenwechsel hat längst eingesetzt: Spieler wie Ruben Vargas (23) oder Noah Okafor (21) stehen für die Zukunft der Nati, während die Generation um die U17-Weltmeister von 2009 auf dem Zenit ihres Schaffens angelangt ist und in Katar möglicherweise ihre letzte WM bestreiten wird.
Itten als zweiter Stürmer gegen Bulgarien?
Dass gegen Bulgarien Manuel Akanji gesperrt fehlt und möglicherweise auch Ricardo Rodríguez verletzt ausfällt, muss Murat Yakin keine Sorgen bereiten. Der auch nach fünf Spielen noch unbesiegte Nachfolger von Vladimir Petkovic könnte in der Abwehr wie schon beim Amtsantritt gegen Griechenland (2:1) auf eine Dreierkette bestehend aus Silvan Widmer, Fabian Schär und Eray Cömert setzen.
Weil am Montag Tore hermüssen, könnte Yakin den vierten Verteidiger einem zweiten Angreifer opfern und in einem 3-5-2-System powern. Neben Okafor könnte Ex-FCSG-Stürmer Cedric Itten zum Handkuss kommen, der das Schweizer Angriffsspiel mit seiner Körpergrösse noch variabler machen würde.
Doch egal wer gegen Bulgarien in der Startelf steht: hungrig sind sie alle. Die direkte WM-Qualifikation liegt nun zum Greifen nah – jetzt muss die Schweiz nur noch zupacken.