Der Präsident von Swiss Olympic hatte den ganzen Tag über den Wettkampf von Nina Christen verfolgt und die Schweizer Fahne vor ihm auf der leeren Sitzreihe über den Lehnen ausgelegt. Dass er die Fahne noch schwingen würde, darob hegte er zwischendurch schon Zweifel. Sowohl in der Qualifikation als auch im Final rollte die Schützin aus Nidwalden das Feld von hinten auf. Im entscheidenden Moment legte der Alt-Nationalratspräsident das Präsidiale ab und machte als Schweizer Fan die beste Figur in der Halle.
Der Schweizer Team-Chef Daniel Burger musste seine Emotionen bewusst bändigen, denn er sass als Coach leicht versetzt hinter der Schützin. Dort gehört sich ein ausgelassener Jubelschrei nicht. Seine Freude brachte er aber, zurück auf der Tribüne, mit einem Tänzchen zum Ausdruck. «Nina ist aussergewöhnlich. Sie hat einfach im Sport aussergewöhnliche Qualitäten», sagte der Freiburger und sprach damit die Nervenstärke der 27-jährigen Schützin an. «Im entscheidenden Moment schiesst sie noch besser, die Zehner gehen noch mehr zur Mitte. Das ist gewaltig.»
Die Siegerin zeigte wesentlich weniger Emotionen. Sie ballte zwar die Faust, aber ein Freudenschrei war nicht zu hören, und wenn überhaupt Tränen flossen, dann ein paar wenige und versteckt in der Garderobe, wo unmittelbar nach dem Wettkampfe die sperrige Schiesskleidung gegen das Tenü der Delegation getauscht wird.
Tauschen musste der Präsident des Weltverbandes während der Siegerehrung auch den Blumenstrauss. Die zweitklassierte Russin hatte versehentlich das Arrangement mit der Goldschleife vom Tableau genommen.
Mit zwei Medaillen im Gepäck geht es am Montag in die Schweiz zurück. Gold und Bronze werden schon bald im Kranzkasten hängen, den Christens Vater, er ist Holz-Bildhauer, geschreinert hat. Genau genommen sind es mehrere Kranzkästen. Dank anhaltender Erfolge sammeln sich nun im einen die internationalen Medaillen, im anderen die nationalen. Dazu gibt es noch einen für die Kränze. «Falls jemand Kranzkästen braucht, mein Vater nimmt gerne Bestellungen entgegen», meinte die Goldmedaillengewinnerin im Augenzwinkern.