Als Topfavorit auf den zwei Runden à 22,1 km mit total 850 Höhenmetern gilt nach den Leistungen der letzten Wochen Wout van Aert. Der belgische Ausnahmekönner beendete die diesjährige Tour de France in Höchstform und mit insgesamt drei Etappensiegen.
Einer dieser Siege holte er sich am vorletzten Tour-Tag im Zeitfahren. Auf den gut 30 km von Libourne nach Saint-Émilion war Van Aert gleich um 38 Sekunden als der über seinen 4. Rang schwer enttäuschte Küng. Der 27-jährige Zeitfahr-Europameister aus dem Thurgau ging das Rennen vor zehn Tagen zu schnell an und büsste am Schluss dafür.
Etwas, das ihm in Fuji nicht passieren soll, so Küng: «Die Hitze spielt hier enorm mit. Wenn man mal in den roten Bereich kommt, dann erholt man sich nicht mehr, dann ist Feierabend.» Es gelte, gut auf seinen Körper zu hören und «sich das Rennen gut einzuteilen».
Van Aert wieder mit «Double»?
Während im Strassenrennen keiner der vier gestarteten Schweizer etwas mit dem Ausgang an der Spitze zu tun hatte, war Van Aert letzten Samstag auf den 234 sehr hügeligen Kilometern der wohl stärkste Fahrer. Der 26-Jährige wurde allerdings von den Konkurrenten, allen voran von Tadej Pogacar, eng überwacht. So musste er sich - hinter Olympiasieger Richard Carapaz und vor dem Tour-de-France-Sieger aus Slowenien - mit Silber begnügen.
Van Aert zeigte schon letzten September mit zweimal Silber an der WM in Imola, dass das Medaillen-Double Zeitfahren/Strassenrennen für ihn durchaus möglich ist. Dort musste er sich in der Prüfung gegen die Uhr einzig Filippo Ganna geschlagen geben. Der Italiener zählt in Japan ebenso wieder zu den Favoriten.
So wie auch der damalige WM-Dritte Küng und der ehemalige Zeitfahr-Weltmeister Rohan Dennis aus Australien. Gleiches gilt zudem für Fahrer für Remco Evenepoel, Primoz Roglic, Tom Dumoulin, Brandon McNulty und Kasper Asgreen.
Reussers Ungewissheit
Vor Küng und Co. fahren die Frauen eine Runde auf der gleichen Strecke, die Marlen Reusser gefällt und die sie als «sehr vielseitig» beschreibt. Die Bernerin spricht von einer besonderen «Herausforderung, denn es ist kein Meter flach und kein Meter gleich. Es hat auch wahnsinnig schnelle Abfahrten dabei. Dort ist in den Kurven teils auch Seitenwind zu erwarten.»
Das macht es - neben den nicht wenigen Höhenmetern - nicht einfacher für die sehr spät zum Rad-Professional berufene Ärztin Reusser. In solchen Passagen müsse man sich und dem Velo trauen und den Mut haben, «da voll durchzufahren. Ich allerdings fürchte mich manchmal ein bisschen.»
Sie fragt sich deshalb gleich selber, ob sie nach ihren wenigen Jahren als Profi schon weit genug ist und sie über das notwendige «technische Level verfügt, um auf einer solchen Strecke vorne mitreden zu können».
Reusser hat in der Vorbereitung auf das olympische Zeitfahren fast nichts unversucht gelassen, um die womöglich entscheidenden Sekunden zu finden. So wird die 29-Jährige aus Hindelbank beim Saisonhöhepunkt mit einem komplett neuen Zeitfahr-Velo unterwegs sein.
«Ich bin an den Spielen nicht nur mit besserem Material, sondern dank Tests im Windkanal auch in besserer Position unterwegs als im vergangenen Jahr», so die Überzeugung von Reusser, der WM-Zweiten und EM-Dritten der letzten Saison.