Eine Woche nach dem schockierenden Feuer-Unfall von Romain Grosjean verlief auch das zweite Rennen in der Wüste von Bahrain spektakulär. Wieder sah Mercedes wie der sichere Sieger aus. Diesmal nicht mit Lewis Hamilton im Auto, sondern mit dessen Ersatzmann George Russell. Der 22-jährige Brite hatte sich gleich nach dem Start den von der Pole-Position losgefahrenen Valtteri Bottas geschnappt. Danach bekundete der mit viel Talent gesegnete Formel-2-Meister von 2018 keine Mühe, seinen neuen, temporären Teamkollegen in Schach zu halten.
Pechvogel Russell
Russell, der sonst bei Williams im langsamsten Auto des Feldes fährt und in 36 Rennen ohne Punkte geblieben war, führte das Rennen über drei Viertel der Renndistanz souverän an, ehe nach 66 Runden der verhängnisvolle zweite Boxenstopp folgte. Am Auto des Engländers mit der Nummer 63 wurden versehentlich die Vorderreifen von Bottas montiert. Mercedes korrigierte seinen Fehler eine Runde später umgehend.
Danach zeigte Russell eine beherzte Aufholjagd, stiess hinter Perez bis auf Platz 2 vor. Ein platter Reifen machte seine Siegchancen aber endgültig zunichte. Letztlich beendete er das Rennen direkt hinter Bottas im 9. Rang. «Ich bin frustriert, absolut frustriert. Aber danke, dass ihr mir diese Chance gegeben habt», konnte Russell seinen Enttäuschung am Boxen-Funk nicht verbergen. Besonders bitter: Laut Mercedes-Teamchef Toto Wolff handelte es sich beim verbockten Reifenwechsel lediglich um einen «Sicherheitsstopp», der nur eingelegt wurde, weil der Vorsprung auf die Konkurrenz so gross war.
Nun muss Russell hoffen, dass er am kommenden Sonntag beim Saisonfinale in Abu Dhabi noch einmal Hamilton vertreten darf. Noch ist nicht sicher, ob der seit drei Wochen als siebenfacher Weltmeister feststehende Superstar nach seinen positiven Corona-Tests dann wieder einsatzfähig ist.
Perez' Premiere im 190. Rennen
Während man sich bei Mercedes über den vergebenen Sieg ärgerte, war die Freude bei Sergio Perez grenzenlos. Mehr als neun Jahre nach seinem Debüt mit dem Team Sauber sah der Mexikaner in seinem 190. Grand Prix in der Formel 1 zum ersten Mal als Sieger die Zielflagge. Das überraschende Podest komplettierte der Franzose Esteban Ocon im Renault und Perez' kanadischer Teamkollege Lance Stroll.
Vor einer Woche war Perez in Bahrain kurz vor Schluss auf Platz 3 liegend noch ausgeschieden. Diesmal ging für ihn alles auf, obwohl er nach einer Kollision mit Charles Leclerc in der Startrunde ans Ende des Feldes zurückgefallen war. Für den Monegassen im Ferrari wie auch für Max Verstappen im Red Bull endete das Rennen jedoch in den Reifenstapeln.
Perez ist der zweite mexikanische Grand-Prix-Sieger nach Pedro Rodriguez und der 110. in der Geschichte der Formel 1. Auch seinem Arbeitgeber Racing Point bescherte er den ersten Sieg. Trotzdem wird Perez das Team Ende Jahr verlassen müssen. Die mit Mercedes-Motoren ausgestattet Equipe, die 2021 zum Aston-Martin-Werkteam mutiert, setzt künftig neben Stroll auf die Dienste von Sebastian Vettel. Die Zukunft von Perez ist offen. Eine Option wäre das zweite Cockpit neben Max Verstappen bei Red Bull.
Erneut keine Punkte für Alfa Romeo
Ein ernüchterndes Wochenende erlebte das Team Alfa Romeo. Antonio Giovinazzi und Kimi Räikkönen belegten im Nachtrennen die Plätze 13 und 14 und blieben ein weiteres Mal ohne WM-Punkte. Trotzdem ist der 8. Rang in der Konstrukteurs-WM nicht in Gefahr. Die Reserve auf das Team Haas vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi beträgt weiterhin fünf Punkte.
Die Resultate des Grand Prix von Sakhir:
Sakhir. Grand Prix von Sakhir (87 Runden à 3,543 km/307,995 km): 1. Sergio Perez (MEX), Racing Point-Mercedes, 1:31:15,114 (202,513 km/h). 2. Esteban Ocon (FRA), Renault, 10,518 zurück. 3. Lance Stroll (CAN), Racing Point-Mercedes, 11,869. 4. Carlos Sainz (ESP), McLaren-Renault, 12,580. 5. Daniel Ricciardo (AUS), Renault, 13,330. 6. Alexander Albon (THA), Red Bull-Honda, 13,842. 7. Daniil Kwjat (RUS), AlphaTauri-Honda, 14,534. 8. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes, 15,389. 9. George Russell (GBR), Mercedes, 18,556. 10. Lando Norris (GBR), McLaren-Renault, 19,541. 11. Pierre Gasly (FRA), AlphaTauri-Honda, 20,527. 12. Sebastian Vettel (GER), Ferrari, 22,611. 13. Antonio Giovinazzi (ITA), Alfa Romeo-Ferrari, 24,111. 14. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo-Ferrari, 25,153. 15. Kevin Magnussen (DEN), Haas-Ferrari, 32,370. 16. Jack Aitken (GBR), Williams-Mercedes, 33,674. 17. Pietro Fittipaldi (BRA), Haas-Ferrari, 36,858. 18. Nicholas Latifi (CAN), Williams-Mercedes (nicht am Ziel). - 20 Fahrer gestartet, 18 klassiert, 17 am Ziel. - Schnellste Runde: Russell (80.) mit 55,404 (230,214 km/h).
Ausfälle. Max Verstappen (NED), Red Bull-Honda (1. Runde/Startplatz 3): Unfall. Charles Leclerc (MON), Ferrari (1./4.): Kollision mit Perez.
Startaufstellung: 1 Bottas 53,377 (238,956 km/h). 2 Russell 0,026 zurück. 3 Verstappen 0,056. 4 Leclerc 0,236. 5 Perez 0,413. 6 Kwjat 0,529. 7 Ricciardo 0,580. 8 Sainz 0,633. 9 Gasly 0,777. 10 Stroll 0,823. - Nach dem zweiten Teil des Qualifyings ausgeschieden: 11 Ocon. 12 Albon. 13 Vettel. 14 Giovinazzi. - Nach dem ersten Teil des Qualifyings ausgeschieden: 15 Magnussen. 16 Latifi. 17 Aitken. 18 Räikkönen. 19* Norris. 20* Fittipaldi. * Rückversetzung ans Ende der Startaufstellung (Wechsel mehrerer Antriebs-Komponenten). - 20 Fahrer im Qualifying. - Tagesbestzeit: Bottas im dritten Teil.
WM-Stand (16/17). Fahrer: 1. Hamilton 332 (Weltmeister/6)*. 2. Bottas 205 (2)*. 3. Verstappen 189 (3)*. 4. Perez 125. 5. Ricciardo 112 (1)*. 6. Leclerc 98. 7. Sainz 97 (1)*. 8. Albon 93. 9. Norris 87 (2)*. 10. Stroll 74. 11. Gasly 71. 12. Ocon 60. 13. Vettel 33. 14. Kwjat 32. 15. Nico Hülkenberg (GER) 10. 16. Räikkönen 4. 17. Giovinazzi 4. 18. Russell 3 (1)*. 19. Grosjean 2. 20. Magnussen 1. - Teams: 1. Mercedes 540 (Weltmeister/9)*. 2. Red Bull-Honda 282 (3)*. 3. Racing Point-Mercedes 191+. 4. McLaren-Renault 184 (3)*. 5. Renault 172 (1)*. 6. Ferrari 131. 7. AlphaTauri-Honda 103. 8. Alfa Romeo-Ferrari 8. 9. Haas-Ferrari 3. 10. Williams-Mercedes 0. - * 1 Zusatzpunkt für schnellste Runde im Rennen. - + 15 Punkte Abzug (illegale Bauart der Bremsbelüftungen).
Letztes Saisonrennen: Grand Prix Abu Dhabi in Abu Dhabi am 13. Dezember.