Er wird am Sonntag womöglich seinen letzten Grand Prix von Belgien bestreiten. Womöglich weiss er selber schon, dass er zum letzten Mal in Francorchamps antreten wird - dort, wo er in seiner langen Formel-1-Karriere am erfolgreichsten war. Viermal gewann Kimi Räikkönen den Klassiker in den Ardennen, 2004 und 2005 in einem McLaren, 2007 und 2009 in einem Ferrari.
Räikkönen gibt sich zugedeckt. Er will und darf noch nichts verraten. Es ist lediglich zu vermuten, dass der Mitte Oktober 42 Jahre alt werdende Finne nicht selber über seine sportliche Zukunft entscheiden kann, sollte er denn überhaupt eine 20. Saison in der Formel 1 ins Auge fassen.
Der Blick zu Mercedes
Die Fremdbestimmung über Räikkönens sportliche Zukunft zieht Kreise über das Team Alfa Romeo hinaus. Die Verantwortlichen des Zürcher Rennstalls dürften mit besonderem Interesse den Personalentscheid in der Equipe von Mercedes abwarten. Der Beschluss über die Besetzung des zweiten Cockpits neben Lewis Hamilton könnte durchaus auch Auswirkungen auf die kommende Fahrer-Paarung bei Alfa Romeo haben - dann nämlich, wenn sie sich in der Weltmeister-Truppe für George Russell und gegen Valtteri Bottas aussprechen.
Nicht nur die englischen Medien sehen in diesem Duell die Vorteile auf Seiten von Russell. Bewahrheitet sich die Annahme, dass der hochtalentierte Engländer von seinem aktuellen Arbeitgeber Williams an die Seite von Weltmeister und Landsmann Hamilton wechseln wird, stehen für Bottas zwei Szenarien im Raum. Die eine Variante wäre, dass der Finne den Platz von Russell einnehmen und in jenes Team zurückkehren wird, bei dem er schon die ersten vier Jahre als Formel-1-Fahrer verbracht hat.
Die mögliche zweite Option wäre, dass sich Bottas Alfa Romeo anschliessen wird. Dass er in jenem Fall Räikkönen ersetzen könnte, wäre durchaus eine Möglichkeit. Entscheiden sie sich in Hinwil aber für die kommende Saison mit den umfassenden Reglementsänderungen für so viel Routine wie möglich, wäre auch ein finnisches Fahrer-Duo nicht abwegig. Dannzumal wäre Antonio Giovinazzi der Leidtragende.
Freie Fahrer-Wahl
Dem Italiener könnte zum Verhängnis werden, dass die Teamleitung von Alfa Romeo um den Franzosen Frédéric Vasseur neuerdings freie Hand hat bei der Fahrer-Wahl beziehungsweise die Mitte Juli öffentlich gemachte neue Vereinbarung zwischen Sauber Motorsport und dem italienischen Automobil-Hersteller kein Mitspracherecht von Ferrari mehr beinhaltet.
Das heisst, dass das Team Alfa Romeo nicht mehr zwingend Fahrer aus der Nachwuchs-Akademie der Roten als Stammfahrer unter Vertrag nehmen muss und sich die Zusammenarbeit vorwiegend auf den technischen Bereich beschränkt. Der in Maranello ausgebildete Giovinazzi bestreitet mit Alfa Romeo seine dritte komplette Formel-1-Saison.
Giovinazzis Hoffnung auf den Verbleib ist trotz neuer Vertrags-Konstellation gross, zumal ihm Vasseur Fortschritte attestiert. «Er wird immer besser. Er leistet gute Arbeit - und mein Ziel ist, unsere Verbindung zu Ferrari aufrecht zu erhalten.» In den Personalfragen kommen also auch andere Faktoren zum Tragen. Die Weiterverpflichtung von Giovinazzi dürfte durchaus Auswirkungen auf die Leasing-Gebühr für die Antriebe oder den Preis für die ebenfalls von Ferrari gelieferten Getriebe haben.
Räikkönen sind solche Überlegungen egal. «Ich werde fürs Fahren und nicht fürs Diskutieren bezahlt», hat er einmal gesagt. Daran hält er sich trotz allen Spekulationen auch dieser Tage in Francorchamps - selbst im Wissen, dass er womöglich vor seinem letzten Start im Grand Prix von Belgien steht.