Nicht zum ersten Mal bot der Grand Prix von Brasilien in São Paulo einiges an Spektakel. Sebastian Vettel sprach im Vorfeld des zweitletzten Saisonrennens vom Ort mit «Hang zum Drama». Der Deutsche sollte in seinem 100. Rennen für Ferrari recht behalten.
Vettel war zusammen mit seinem Teamkollegen Charles Leclerc Ausgangspunkt dramatischer Schlussminuten, die durch eine Safety-Car-Phase nach einem Motorschaden am Mercedes von Valtteri Bottas eingeläutet wurden. Als Vettel sechs Runden vor Schluss gegen Leclerc zum Überholen ansetzte, nahm das Drama seinen Lauf: Die beiden Autos berührten sich, Leclerc riss sich dabei das rechte Vorderrad ab und Vettel konnte mit einem kaputten Reifen auch nicht mehr weiterfahren.
Statt in der WM-Wertung im Kampf mit Verstappen um den 3. Gesamtrang wichtige Punkte einzufahren, endete das zweitletzte Saisonrennen für die beiden Ferrari-Fahrer in einem Schreiduell über den Boxenfunk. Und wie so oft, wollte keiner der beiden die Schuld gehabt haben.
Hamiltons Ungestümtheit
Während bei Ferrari die Stimmung im Keller war, hatte Red Bull den ersten Doppelsieg der Saison vor Augen. Doch der seit zwei Wochen feststehende Weltmeister Lewis Hamilton machte den Roten Bullen einen Strich durch die Rechnung. Der Brite kollidierte bei einem regelwidrigen Überholmanöver mit Alexander Albon. Während der Thailänder weit zurückfiel, rettete sich Hamilton mit einer beschädigten Frontpartie als Dritter ins Ziel.
Hamilton entschuldigte sich direkt nach Rennschluss bei Albon. Um eine Fünfsekunden-Zeitstrafe, die ihn in den 7. Rang zurückwarf, kam der sechsfache Champion aber nicht herum. Platz 3 erbte der Spanier Carlos Sainz im McLaren, der als 20. von ganz zuhinterst in der Startaufstellung losgefahren war.
Statt Albon stand als Zweiter erstmals in seiner Karriere Pierre Gasly im Toro Rosso auf dem Podest. Der Franzose hatte die Saison noch bei Red Bull begonnen, wurde nach der Sommerpause im Tausch mit Albon aber zum Partnerteam Toro Rosso abgeschoben. Nun freute sich Gasly in seinem 46. GP in der Formel 1 über seinen ersten Podestplatz.
Alfa Romeo mit Glanzresultat
Zu den Profiteuren von Hamiltons Rückversetzung gehörten auch die beiden Fahrer von Alfa Romeo. Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi behielten im dramatischen Finale die Nerven und klassierten sich auf den Plätzen 4 und 5. Nach einer wochenlangen Baisse mit vier Nullern in Folge sorgten der Finne und der Italiener mit 22 gewonnenen WM-Punkten in São Paulo für ein unerwartetes Glanzresultat.
Letztmals hatte der Hinwiler Rennstall im September 2012 in Monza die 20-Punkte-Grenze geknackt, als der von Startplatz 12 losgefahrene Sergio Perez hinter Hamilton sensationell Zweiter wurde, sein Teamkollege Kamui Kobayashi Neunter.
In der Teamwertung schaffte Alfa Romeo zwar keine Verbesserung, der 8. Rang dürfte dem Team aber auf sicher sein. Der Vorsprung auf die neuntklassierte amerikanische Equipe Haas vor dem Saisonfinale in zwei Wochen in Abu Dhabi beträgt komfortable 29 Punkte.
Verstappen erstmals mit drei Saisonsiegen
Für Verstappen war es der dritte Sieg in diesem Jahr, der erste von der Pole-Position aus. Dreimal in einer Saison als Erster abgewunken wurde der jüngste GP-Sieger der Geschichte bisher noch nie. Bei seinem insgesamt 8. GP-Sieg in der Formel 1 gab Verstappen die Führung lediglich zwischenzeitlich im Zuge seiner beiden Boxenstopps preis. Zweimal schob er sich aber im Senna-S wieder an Hamilton vorbei.
In der WM-Wertung verbesserte sich Verstappen auf Platz 3. Sein Vorsprung auf den viertplatzierten Leclerc und den dahinter klassierten Vettel beträgt vor dem letzten Saisonrennen 11 respektive 30 Punkte.
São Paulo. Grand Prix von Brasilien (71 Runden à 4,309 km/305,909 km): 1. Max Verstappen (NED), Red Bull-Honda, 1:33:14,678 (196,823 km/h). 2. Pierre Gasly (FRA), Toro Rosso-Honda, 6,077 Sekunden zurück. 3. Carlos Sainz (ESP), McLaren-Renault, 8,896. 4. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo-Ferrari, 9,452. 5. Antonio Giovinazzi (ITA), Alfa Romeo-Ferrari, 10,201. 6. Daniel Ricciardo (AUS), Renault, 10,541. 7.* Lewis Hamilton (GBR), Mercedes, 11,139. 8. Lando Norris (GBR), McLaren-Renault, 11,204. 9. Sergio Perez (MEX), Racing Point-Mercedes, 11,529. 10. Daniil Kwjat (RUS), Toro Rosso-Honda, 11,931. 11. Kevin Magnussen (DEN), Haas-Ferrari, 12,732. 12. George Russell (GBR), Williams-Mercedes, 13,599. 13. Romain Grosjean (FRA/SUI), Haas-Ferrari, 14,247. 14. Alexander Albon (THA), Red Bull-Honda, 14,927. 15. Nico Hülkenberg (GER), Renault, 18,059. 16. eine Runde zurück: Robert Kubica (POL), Williams-Mercedes. - 20 Fahrer gestartet, 16 klassiert und im Ziel. - * 5 Sekunden Zuschlag auf Fahrzeit (Kollision mit Albon). - Schnellste Runde: Bottas (43.) mit 1:10,698 (219,417 km/h).
Ausfälle. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes (50. Runde/5. Platz): Motorschaden. Sebastian Vettel (GER), Ferrari (65./4.): Reifenschaden nach Kollision mit Leclerc. Charles Leclerc (MON), Ferrari (65./5.): Reifenschaden nach Kollision mit Vettel. Lance Stroll (CAN), Racing Point-Mercedes (65.): Aufhängung.
WM-Stand (20/21). Fahrer: 1. Hamilton 387 (Weltmeister/5)*. 2. Bottas 314 (2)*. 3. Verstappen 260 (3)*. 4 Leclerc 249 (4)*. 5. Vettel 230 (2)*. 6. Gasly 95. 7. Sainz 95. 8. Albon 84. 9. Ricciardo 54. 10. Perez 46. 11. Norris 45. 12. Räikkönen 43. 13. Hülkenberg 37. 14. Kwjat 35. 15. Stroll 21. 16. Magnussen 20. 17. Giovinazzi 14. 18. Grosjean 8. 19. Kubica 1. 20. Russell 0. - Teams: 1. Mercedes 701 (Weltmeister/7)*. 2. Ferrari 479 (6)*. 3. Red Bull-Honda 391 (5)*. 4. McLaren-Renault 140. 5. Renault 91. 6. Toro Rosso-Honda 83. 7. Racing Point-Mercedes 67. 8. Alfa Romeo-Ferrari 57. 9. Haas-Ferrari 28. 10. Williams-Mercedes 1. - * 1 Zusatzpunkt für schnellste Runde im Rennen.
Letztes Saisonrennen: Grand Prix Abu Dhabi in Abu Dhabi am 1. Dezember.