Belinda Bencic, wie haben Sie die Achterbahn-Fahrt in den letzten Minuten erlebt, was ist alles in Ihnen vorgegangen?
«Ganz ehrlich, ich war am Ende meiner Kräfte. Ich weiss nicht, was ich überlegt habe. Ich versuchte einfach, jeden Ball auf die andere Seite zu bringen. In dem Moment existierte ich nur noch, ich konnte nicht mehr denken und fast nicht mehr laufen. Ich gab wirklich alles, das macht mich extrem stolz. Auch wenn es nicht gereicht hätte, hätte ich mich trotzdem wie eine Siegerin gefühlt. Ich brauche noch einen Moment, um das zu verdauen. Ich hatte noch keine Zeit, das Ganze zu realisieren. Als das andere vor mir gesagt hatten, dachte ich, das musst du doch realisieren. Nun weiss ich genau, was sie fühlten.»
Was sind für Sie die wichtigsten Faktoren, dass Sie nun hier über Olympia-Gold reden können?
«Dass ich nie aufgegeben habe. Es war und ist ein Monsterprogramm. Ich liess mich davon jedoch nicht beirren, machte immer weiter. Dabei half mir, dass ich es sehr schätze, überhaupt an den Olympischen Spielen dabei sein zu dürfen. Ich bin nicht hierhergekommen mit der Einstellung, es zählt nur die Medaille. Es ist von Anfang bis am Ende ein Traum. Das gab mir die Extra-Energie. Dennoch bin ich nun sehr glücklich, dass ich kein Einzel mehr bestreiten muss. Auf der anderen Seite möchte ich nicht, dass es aufhört. »
Sie haben schwierige Zeiten hinter sich, waren oft verletzt, fielen in der Weltrangliste weit zurück. Wie stark half Ihnen das, nun hier zu sein?
«Es gibt in jeder Karriere Rückschläge, glaube ich. Das ist völlig normal, es gibt niemanden, bei dem es ständig aufwärts geht. Von daher fand ich es manchmal ungerecht, dass mich gewisse Leute abgeschrieben haben. Logisch weiss man nie, was passiert. Ich arbeitete jedoch immer hart, machte immer alles, was ich musste. Das zu wissen ist am Ende des Tages das Wichtigste. Wenn man immer alles gibt, erhöht man die Wahrscheinlichkeit, irgendwann belohnt zu werden. Bei mir ist das hier der Fall. Auch wenn ich nun kein Spiel mehr gewinnen würde, das kann mir nun niemand mehr nehmen.»
Was haben Sie nach der Partie Ihrem Freund und Konditionstrainer Martin Hromkovic ins Ohr geflüstert?
«Ich sagte ihm: Das ist nicht möglich, ich kann es nicht glauben. Er sagte, geniesse ab jetzt jeden einzelnen Moment, du hast es verdient. Ich weinte, er weinte. Es war ein sehr schöner Moment.»
Sie inspirieren viele Kinder. Welchen Rat geben Sie ihnen?
«Es ist grossartig, dass ich die nächste Generation inspirieren kann, das war für mich unvorstellbar. Es ist eine grosse Verantwortung. Ich möchte allen sagen, dass sie so bleiben sollen, wie sie sind, egal was passiert. Das Wichtigste ist, mit sich im Reinen zu sein und alles für seinen Traum zu tun.»
Haben Sie während dieser Woche eine Nachricht von Roger Federer erhalten?
«Er schrieb mir heute, dass es ein super schöner Tag ist, um meine Träume zu erfüllen. Das freute mich unglaublich. Er unterstützt uns alle. Diese Goldmedaille ist auch für ihn.»