Der Schwingerkönig 2022 kommt mit Joel Wicki zwar nicht aus der Ostschweiz, Talente hat die Region aber trotzdem genug. So traten vom Schwingclub Wil Damian Ott und Marcel Räbsamen in Pratteln zum zweiten Mal an einem Eidgenössischem an.
Die beiden holen Kranz um Kranz, was bei Kindern mächtig Eindruck macht. «Wenn Kränze in die Heimat kommen, wollen auch mehr Kinder in unsere Trainings. So waren es zum Beispiel im letzten Jahr rund 10 Buben mehr im Sägemehl», sagt Stefan Rütsche, Jungschwingerleiter beim Schwingclub Wil.
Insgesamt sind es 750 Junioren von 1431 Schwinger in 38 Clubs des Nordostschweizer Schwingerverbandes. Damit sind es nach den Innerschweizern am zweimeisten junge Sportler. «Überall, wo viel über den Sport gesprochen wird und auch viele Erfolge zu verbuchen sind, nehmen die Mitgliederzahlen zu. Dort wo es keine Aushängeschilder gibt, geht die Zahl der Kinder, die ins Sägemehl wollen, zurück. Da es in der Ostschweiz beide Szenarien gibt, stagniert die Nachwuchssuche», sagt Erwin Büsser, Mediensprecher des Nordostschweizer Schwingerverbandes NOSV.
Spitzenjahr nach ESAF 2010
Am extremsten war die Aufmerksamkeit auf den Sport in der Region vor zwölf Jahren. Als zum letzten Mal in der Ostschweiz das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest in Frauenfeld stattfand. Damals gewann zwar der Berner Kilian Wenger, die Schwingkeller der regionalen Clubs füllten sich aber mit Nachwuchs.
«Wir hatten bis zu 40 Jungschwinger und mussten daher mehr Trainings anbieten, um dem Ansturm gerecht zu werden», so Stefan Rütsche. Der Boom hat aber lediglich fünf Jahre angehalten, mittlerweile hat sich die Anzahl der Jungschwinger bei etwa 20 eingependelt. Ob das ESAF in Pratteln die Zahlen wieder hochschnellen lässt, ist noch unklar. Einen weiteren Boom im Schwingkeller dürfte es aber sicherlich in drei Jahren geben. Dann steht das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest in Glarus an und somit ein weiteres grosses Fest in der Region.
Die Rolle der Medien
Das Gute aber ist: Fernsehen, Radio, Zeitungen und Online-Portale tragen einen wesentlichen Beitrag zur Popularität des Sports bei. Praktisch jedes Schwingfest wird live im Fernsehen übertragen und das lockt auch mehr Zuschauer an die Feste.
Waren 2001 noch rund 27'000 Fans in der Arena, jubelten über 50'000 Besucher und Besucherinnen in Pratteln den Athleten zu. «Ohne Medien und die Aufmerksamkeit wäre es deutlich schwieriger, neue, junge Sportler zu finden», bestätigt Rütsche.
Aushängeschilder sorgen nur kurz für einen Boom
Vorbilder wie Samuel Giger oder Domenic Schneider vom Schwingclub am Ottenberg verhelfen dem eigenen Club längst nicht mehr so extrem zu Nachwuchs wie vor ein paar Jahren. «Die Erfahrung zeigt, dass der Hype bei den Jungen ums Schwingen trotz Erfolgen schnell wieder abflacht. Es sind eher Erwachsene, die das Schwingen langfristig cool finden – aber auch nur von der Zuschauertribüne aus», sagt Pius Näf, technischer Leiter Nachwuchsschwingen.
Weiter habe die Region einen direkten Einfluss auf die Nachwuchssuche. Obwohl Weinfelden eher eine ländlich geprägte Stadt ist, hat das Schwingen bei Neuen einen schweren Stand. Für den technischen Leiter ist klar, «es gibt sehr viele andere Sportarten hier, die eine direkte Konkurrenz für das Schwingen sind. Es ist anspruchsvoll sich gegen Fussball oder Unihockey zu bewähren und die Kinder für eine Einzelsportart zu begeistern».
Clubs müssen selbst für Nachwuchs sorgen
Der Eidgenössische Schwingerverband und die Teilverbände wollen sich nicht auf die kurzfristigen Hypes verlassen, sondern diese mehr für sich nutzen. Darum findet ein Wochenende nach dem Eidgenössischen direkt ein Schwinger-Schnuppertag bei einzelnen Clubs in den verschiedenen Regionen statt. «Das ESAF ist klar ein Treiber für Neuschwinger, die Zeit danach müssen wir nutzen. Daher hat der NOSV auch ein Nachwuchskonzept erarbeitet. Die verschiedenen Clubs sollen enger zusammenarbeiten, damit wir die Kinder besser ansprechen und sie länger für den Sport begeistern können», so Erwin Büsser vom NOSV. Damit verspricht sich der Verband mehr und besseren Nachwuchs, der dann in die Fussstapfen von Ott, Giger oder Abderhalden treten kann.
Wir waren vor einigen Wochen beim Königscamp, wo Jungschwinger Tipps von gestandenen Profis bekommen:
Quelle: FM1Today/Carmen Frei/Dario Brazerol