«Du bist so schön, ich möchte mit dir schlafen!» sagt Rocco und lacht, als ich ihm sage, in welcher Sprache unser Radio und unsere Today-Plattform denn klingen und schreiben. Rocco ist Rocco Siffredi oder bürgerlich Rocco Tano. Wir haben vorab einen der bekanntesten Pornostars anlässlich seines Auftritts an der Erotikmesse Extasia in Basel vom 1. bis 3. Dezember interviewt.
Today: Erzählen Sie mir etwas über mein Land, was ist ihr Blick auf die Schweiz und seine Bevölkerung?
Rocco Siffredi: Ehrlich gesagt ist die Schweiz das einzige Land in Europa, das ich nicht so gut kenne. Ich habe aber im Film «Never say never to Rocco» vor fast 30 Jahren mit einer Schweizerin gedreht. Sie hatte schwarze, lockige Haare und war wunderschön. Aber ich war noch nie im Urlaub in der Schweiz.
Bei ihrem letzten Auftritt an der Extasia vor einigen Jahren in Zürich sagten Sie in einem Interview, hier seien sogar die Verkäufer an der Messe etwas verklemmt.
Ich glaube, das war als Witz gedacht, weil ich gefragt wurde, ob es nicht komisch ist, dass etwas Heisses in einer kalten Eishalle stattfindet. Ich habe das – erinnere ich mich – eher als Witz gemeint. Aber es ist schon so, niemand ist wärmer als die Italiener und Spanier in Europa. Und sie haben ein anderes Verständnis für solche Messen.
In meinen Augen ist die Schweiz im Vergleich zu Italien nicht als streng katholisch bekannt, dennoch gehen die Italiener offener mit Pornos um, warum?
Wenn du einem Kind sagst, berühre dies oder das nicht, dann will es gerade das anrühren. So ist es vielleicht auch beim Porno. Die Katholiken haben Sex immer mit einem Schuldgefühl beladen, vielleicht macht das die Menschen interessierter an Sex und Porno und weniger Gläubige sind dann etwas weniger expressiv und Sex an sich ist etwas Normaleres. Die neue Generation in ganz Europa geht aber generell offener um mit Sex und Porno als noch meine.
Ich bin 35, auch unsere Jugend war mit Ihrer so vertraut, dass, wenn einer beispielsweise beim Fussball ein schönes Goal erzielte, das bewundernd mit einem «Was für ein Rocco!» quittiert wurde. Wie klingt das für Sie?
Das klingt, als hätte der Schütze gute Arbeit geleistet (lacht). In Italien gibt es sogar Politiker, die solche Dinge in ähnlichem Zusammenhang sagen. Ich war der richtige Mann am richtigen Ort in der richtigen Zeit, um eine solch lange Karriere zu machen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb mein Leben sogar für eine Netflix-Serie verfilmt wurde, die im März veröffentlicht wird. Heute wäre das wohl nicht mehr möglich.
Wieso?
Weil Darsteller heute keinen Wiedererkennungswert mehr haben. Man wird heute zwar schneller berühmt, aber auch gleich schnell wieder «unknown». Das ist auch in der Musik oder im Kino so. Die 90er-Jahre waren generell die beste Zeit des Lebens. Heute ist die Zukunft, sie ist aber nicht besser. Der Porno ist heute so viel Fake und ohne Kunst, richtig industriell.
Warum sind Sie denn noch im Business als Regisseur und Produzent? Sie waren ja schon einmal ausgestiegen? Um nochmals Geld zu verdienen?
Ich gehe immer noch ins Studio, um Dinge zu vollbringen, die wir vorher noch nicht getan haben. Sonst hätte ich längst aufgehört, bringe das auch den Darstellerinnen und Darstellern bei.
Aber was hat sie wieder ins Business als Darsteller zurückgebracht? Sie hatten inzwischen eine Frau und zwei Söhne.
Mein Schwanz, er und ich, wir haben 20 Jahre zusammengearbeitet. Ich war sexsüchtig, habe viele Prostituierte besucht, manchmal mehrere täglich. Erst vor ein paar Jahren konnte ich diese Sucht besiegen und nur für meine Frau da sein und arbeite mit meinem Sohn an einer Ausbildungsplattform für junge Darstellende, Regisseurinnen und Regisseure. Er plant auch Ausbildungsmaterial für die jüngere Generation zu erstellen.
Ein wichtiges Stichwort: Laut einem Bericht im Auftrag der britischen Regierung haben in einer repräsentativen Studie 47 Prozent der befragten 16- bis 21-Jährigen angegeben, dass junge Frauen beim Sex Gewaltakte wie Schläge oder Würgen erwarten. Dazu tragen ihre Filme bei.
In Italien hat ein Vergewaltiger mal erklärt, er habe ja nur das getan, was er in Pornos gesehen hatte. Das sind ungebildete Leute, die nicht verstehen, was sie tun. Dasselbe könnte man dann auch über Filme oder Computerspiele sagen. Da gibt es auch keine Zensur.
Aber Pornografie wird von jungen Menschen konsumiert und diese geben an, dass sie solche Praktiken in das echte Leben transferieren.
Porno ist aber Entertainment für Erwachsene und keine Aufklärung und will das auch nicht sein. Dafür müssten Schulen die Kinder mehr an das Internet, die Pornografie heranführen und den Aufklärungsunterricht ändern. Daran will sich aber niemand machen, weil diese Leute aus Scham nicht mal mit ihren eigenen Kindern darüber sprechen können.
Was tun sie denn persönlich dagegen, dass Minderjährige solche Filme zu sehen kriegen?
Von dem Geld, das ich dafür ausgebe, dass Gratis-Plattformen meine Filme vom Netz nehmen, könnte ich eine Insel kaufen! Auf Pay-Sites musst du erstmal eine Kreditkarte haben, auf Gratisseiten haben alle Zugang, Piraterie ist also ein Problem. Auf diesen Seiten gibt es nicht nur regulären Porno, sondern auch extremen und super-extremen Porno. Da muss man den Hebel ansetzen.