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Der beste Vereinsausflug des Jahres

Der beste Vereinsausflug des Jahres

· Online seit 18.05.2019, 16:08 Uhr
Eine Weinwanderung am Ottoberg, böötlen auf dem Rhein oder eine Wanderung auf den Hohen Kasten – ein Maibummel mit dem Turnverein, Jodelchor oder mit der Musikgesellschaft ist jedes Jahr ein Erlebnis. Der Maibummel in drei Akten.
Fabienne Engbers
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Akt 1: Die Bahnfahrt

Der Maibummel startet am Sonntag um 9 Uhr. Die ersten treffen frisch und ausgeschlafen um 8.45 Uhr morgens am Bahnhof ein, ihr Rucksack ist vollgepackt mit Regenhose, 50er-Sonnencrème und Apotheke – man weiss ja nie. Die anderen kommen um 9.03 Uhr mit ihren beiden Kindern an und sind froh, endlich mal wieder mit anderen Erwachsenen zu sprechen. Die Kinder spielen Fangis rund um den Bahnhof und es herrscht schon ein riesiges Tohuwabohu. Um 9.10 Uhr, kurz bevor der Zug einfährt, treffen auch die letzten ein – sie haben nur gerade eine grosse Flasche Wasser eingepackt und riechen, als kämen sie direkt von der Rhema, Higa, Wega oder Olma.

Kaum ist der Zug da und alle sind drin, packt der erste eine Flasche Weisswein und 20 Plastikbecher aus: «Wer nimmt alles äs Gläsli Wissä?» Würde man an einem gewöhnlichen Sonntag jetzt sagen: «Spinnsch enart, es isch nonig mol Ziit fürde Z'Nüni?», sagt am Maibummel nur jeder: «Jo klar, gseht nochme guete Tropfä us!»

Akt 2: Die Wanderung

Zu jedem Maibummel gehört das Zurücklegen einer gewissen Distanz mit einem Langsamverkehrsmittel, in Frage kommen das Velo, die Skates, ein Trottinett oder die Füsse. Meist wird aus praktikablen Gründen letzteres gewählt, eine Wanderung mit dem Verein führt durch eine Gegend in der Nähe des Heimatortes. Während die ersten Kinder schon nach fünf Minuten fragen: «Wie lang goht's noo?», plaudern die Erwachsenen frisch und fröhlich drauflos.

Natürlich ist beim Maibummel auch das dreifache Mami dabei, das am Montag im Volg einkaufen geht und am Mittwoch beim Mami-Treff den aktuellen Dorfklatsch aufschnappt. Diesen gibt sie am Maibummel natürlich gerne an den ganzen Verein weiter. So weiss man wieder mal, wer gerade schwanger ist, wer einen neuen Job hat und wer gerade eine Trennung durchmacht.

Zum Z'Mittag gibt's eine Wurst an der Brätelstelle oder ein Chäsplättli in der Besenbeiz. Dazu das vierte Gläsli Weisswein oder ein kühles Bier und einen Jass.

Nach dem Z'Mittag geht die Wanderung weiter, man kühlt sich in einem Bergsee ab oder besucht irgendein Museum zu irgendeinem traditionellen Thema das in irgendeiner Weise in Verbindung mit dem Verein steht.

Akt 3: Die Heimreise

Während der nachmittäglichen Aktivitäten packen auch Koni und Sepp ihre Flachmänner aus und verteilen fleissig Appenzeller unter den Maibummlern. Deshalb ist es nun auch kein Wunder, dass die Truppe den Zug nur mit Ach und Krach erwischt.

Angekommen im Zug, schläft die Jungmannschaft im Kinderwagen friedlich, während die jungen und älteren Männer aus voller Kehle singen: «Oh, Lieschen, Lieschen, Lieschen, komm ein bisschen, bisschen, bisschen…» Die Frauen können sich nicht entscheiden, ob sie die Augen verdrehen und sich in ein anderes Abteil setzen sollen, oder ob sie lauthals mitsingen möchten.

Am heimischen Bahnhof kotzt Freddy vom vielen Appenzeller dann in den Mülleimer, danach begrüsst ein Mitglied des Gemeinderats die Spasstruppe und wünscht allen einen erholsamen Sonntag. Man verabschiedet sich gegen 16 Uhr und hat so immer noch genug Zeit, um bis am Montagmorgen auszunüchtern und wieder fit zu sein.

veröffentlicht: 18. Mai 2019 16:08
aktualisiert: 18. Mai 2019 16:08

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