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Mary Martin ist tot: Entdeckerin von Stars wie Leonard Cohen

Mary Martin

Sie entdeckte Leonard Cohen und brachte Dylan mit The Band zusammen

· Online seit 11.07.2024, 18:11 Uhr
Mary Martin hatte das Gespür für aufstrebende Musikerinnen und Musiker. Leonard Cohen nahm sein erstes Demotape in ihrem Bad auf und sie brachte Bob Dylan mit The Band zusammen. Jetzt ist die einflussreiche Martin im Alter von 85 Jahren gestorben.
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Mary Martin? Der Name ist wohl nicht mal allen eingefleischten Musikfans ein Begriff. Doch die Frau war eine Macht. Ob als Talentscout, Managerin oder Plattenchefin: Sie stand am Anfang von vielen grossen Karrieren.

Martin kam 1939 in Toronto zur Welt. Sie studierte an zwei Universitäten, glücklich wurde sie an beiden nicht und brach das Studium jeweils ab. Ihre Berufung war die Musik. «Als ich ins Business einstieg, sagten mir die Leute, dass ich zu jung sei, dass ich keine Musikerin und keine Songwriterin sei und deshalb nichts davon verstehe», sagte Martin in einem Interview mit der «Los Angeles Times» im Jahr 2002. Doch: «Ich wusste, dass ich einen guten Instinkt habe und dass die Musik meine Passion ist.»

Schwimmduell gegen Bob Dylan

1962 ging Martin nach Manhattan, dort sah sie ihre Chance. Bei Albert Grossman, der wichtigste Manager für Folk-Musik in New York zu jener Zeit, fand sie einen Job. Grossmann vertrat Acts wie Bob Dylan oder Peter, Paul and Mary.

Martin freundete sich rasch mit den Musikern an, legendär ist folgende Geschichte: An einem Wochenende war sie Gast im Landhaus von Grossman. Auch Bob Dylan war dort – und Martin und Dylan duellierten sich bei einem Schwimmwettbewerb im Pool.

Martin verlor zwar gegen Dylan, aber Grossman schenkte ihr als «Trostpreis» seine Katze Lord Growing. Jene Katze, die auf dem Plattencover zum Album «Bringing It All Back Home» auf Dylans Schoss sitzt. Das Bild entstand bei Grossman zu Hause, im Hintergrund ist seine Frau Sally.

Mit Beharrlichkeit zu Rockgeschichte

Im selben Jahr war Martin für einen Meilenstein in der Musikgeschichte verantwortlich. Beim Newport Folk Festival 1965 hörte sie Dylan zu, wie er mit elektrischen Instumenten auftrat. Dylan wurde gnadenlos ausgebuht und Martin war sich sicher: Dieser Mann braucht eine richtige Band.

Wie es der Zufall wollte, bekam sie zu dieser Zeit ein Demotape der Band Hawks. Martin wusste sofort, dass die Hawks und Dylan füreinander gemacht waren. Nur: Die Hawks machten Rock und Dylan war ein Folksänger. Beide Seiten lehnten umgehend ab.

Bob Dylan sagte später einmal im «Rolling Stone»: «Mary war eine ziemlich ausdauernde Seele. Sie erwähnte mir gegenüber immer und immer wieder diese Jungs von Hawks.» Irgendwann war Dylan bereit, zwei Leute der Band zu testen: Drummer Levon Helm und Gitarrist Robbie Robertson.

Doch die beiden dachten gar nicht daran, ihre Band zu verlassen – entweder nimmt Dylan alle oder niemanden. Also versuchte er es widerwillig mit allen. Die Hawks benannten sich in The Band um und gingen mit Dylan auf Tour. Bis heute gilt das als eine der grössten Zusammenarbeiten der Rockgeschichte.

Cohen in Martins Badezimmer

1966 machte sich Martin selbständig. Zu ihren ersten Klienten zählte Leonard Cohen, der damals nur als Dichter bekannt war. Cohen wollte Songwriter werden. Martin liess ihn in ihrem Badezimmer ein paar Demosongs aufnehmen, darunter «Suzanne» und «The Stranger Song». Die Karriere Cohens nahm bald darauf Fahrt auf.

1972 ging Martin zu Warner Bros., wo sie Talentscout wurde. Sie nahm die damals noch unbekannten Emmylou Harris, Leon Redbone oder Bonnie Raitt unter Vertrag. Auch Bruce Springsteen wollte sie holen, doch ihre Chefs meinten, er töne zu sehr nach «Ostküste».

Martin setzte ihre eigene Karriere 1985 in Nashville – der Country-Hochburg – beim Label RCA fort. Auch dort hinterliess sie ihre Spuren, nachdem sie einem jungen australischen Künstler namens Keith Urban sagte, er solle nach Nashville kommen, um seinen Musiktraum zu verfolgen.

Höhen und Tiefen

2002 wurde Martin zusammen mit Bonnie Garner mit einem Grammy für das beste Country-Album ausgezeichnet, sie organisierten eine Kompilation mit Songs von Hank Williams gesungen von Bob Dylan, Sheryl Crow, Tom Petty und vielen weiteren.

So erfolgreich und anerkannt Mary Martin beruflich auch war, so sehr musste die passionierte Kettenraucherin privat leiden. 1992 wurde sie in ihrem Haus im Schlaf von einem Mann überrascht und vergewaltigt. Auch nachdem er verhaftet worden war, belästigte er sie mit Anrufen und Briefen, bis er verurteilt wurde.

Martin sprach häufig über diese traumatische Erfahrung und wurde zu einer wichtigen Unterstützerin für Opfer von Sexualverbrechen, sie engagierte sich auch in Organisationen wie «You Have Power».

Am 4. Juli 2024 ist Mary Martin in einem Hospiz in Nashville an den Folgen einer Krebserkrankung im Alter von 85 Jahren gestorben.

veröffentlicht: 11. Juli 2024 18:11
aktualisiert: 11. Juli 2024 18:11
Quelle: FM1Today

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