Rund 9000 Oscar-Juroren haben online ihre Stimmzettel für die Wahl der Oscars abgegeben. In der Nacht auf Montag werden dann die begehrten Statuen bei der 92. Gala verliehen. Doch wie wählt man den besten Film? Wie entscheidet man sich für eine Gewinnerin oder einen Gewinner in der Kategorie «Bestes Drehbuch»?
Das Branchenportal «Hollywood Reporter» hat mit einem Jury-Mitglied gesprochen. Die Frau, die anonym bleiben will, hat die ungeschminkte Meinung zu ihren Top-Filmen und den Darstellerinnen und Darstellern abgegeben. Hier sind die Highlights:
Bester Film
«‹Little Women› ist einfach schlecht gespielt und ich komme nicht draus. Wieso spielen vier Britinnen amerikanische Frauen?», sagt das Jury-Mitglied. Irgendwie hat sie da etwas verwechselt: Nur Emma Watson und Florence Pugh sind Britinnen. Saoirse Ronan ist Irisch-Amerikanerin und Eliza Scanlen ist Australierin.
«Jojo Rabbit» fand die anonyme Wählerin «ok». «Aber ich kann nicht über Hitler lachen.» «Marriage Story» ist laut ihr «unglaubwürdig», über «The Irishman» rede man nur, «weil halt Martin Scorsese Regie geführt hat»: «Der Film ist langweilig und funktioniert schlicht nicht.»
«Ford v Ferrari» habe der Frau sehr gut gefallen, «Parasite» sei «wunderschön gemacht», aber: «Ich glaube nicht, dass ausländische Filme hier nominiert werden sollten.» «Joker» sei «überraschend besser als erwartet».
«1917» sei sehr gut gewesen, allerdings komme er nicht an «Once Upon a Time in Hollywood» ran: «Ich war in den 1960er-Jahren in Los Angeles und Tarantino hat die Stimmung perfekt eingefangen. Der Film ist komplex und hat mich noch lange beschäftigt.»
Das anonyme Jury-Mitglied hat schliesslich die Stimme «Once Upon a Time in Hollywood» gegeben.
Beste Regie
«Ich kann einfach nicht für Martin Scorsese (‹The Irishman›) stimmen. Niemand will das öffentlich sagen, aber der Film ist einfach nicht gut.» Todd Philipps («Joker») und Bong Joon Ho («Parasite») hätten einen unglaublichen Job gemacht, aber es sei nicht ihre beste Arbeit. Sam Mendes («1917») sei ebenfalls ok, allerdings nicht so gut wie Quentin Tarantino («Once Upon a Time in Hollywood»).
Die Stimme der Frau geht an Tarantino, «ich will einen amerikanischen Regisseur als Gewinner». Die Oscars seien den Amerikanern vorbehalten, «die Engländer können ja so Sachen wie die Baftas gewinnen».
Bester Hauptdarsteller
«Von Adam Driver (‹Marriage Story›) war ich überhaupt nicht überzeugt, Leonardo DiCaprio (‹Once Upon a Time in Hollywood›) hat schon einen Preis, ich liebte Jonathan Pryce (‹The Two Popes›), aber ich gebe meine Stimme doch nicht dem Papst.»
Für die Frau kam es deshalb zu einem Zweikampf zwischen Antonio Banderas («Pain and Glory») und Joaquin Phoenix («Joker»). «Antonio hat sehr subtil gespielt, Joaquin viel krasser, deshalb wählte ich Joaquin.»
Beste Hauptdarstellerin
Saoirse Ronan («Little Women») sei zwar umwerfend gewesen, aber die Geschichte habe ihr nicht gefallen. Das gelte auch für Scarlett Johansson («Marriage Story»). «Für Cynthia Erivo (‹Harriet›) kann ich nicht stimmen, da man für diese Rolle eine Amerikanerin hätte nehmen sollen.»
Charlize Theron («Bombshell») habe zwar Megyn Kelly sehr gut gespielt, «aber mir ist die richtige Megyn unsympathisch, also war mir das Theron auch». Renée Zellweger («Judy») sei hingegen «wundervoll» gewesen. Sie hat auch die Stimme der Frau bekommen.
Bester Nebendarsteller
Al Pacino («The Irishman») sei zwar ein super Schauspieler, er habe aber nur sich selbst gespielt. Auch Joe Pesci («The Irishman») sei in der Rolle nicht über sich selbst gewachsen. «Tom Hanks (‹A Beautiful Day in the Neighborhood›) hat Mr. Rogers sehr gut gespielt. Aber seine Augen waren zu wenig weich und liebevoll, eher berechnend», meint das Jury-Mitglied.
Damit bleiben noch Anthony Hopkins («The Two Popes») und Brad Pitt («Once Upon a Time in Hollywood»). «Ich wähle Pitt, weil er vorher noch nichts gewonnen hat und weil ich ihm die Rolle voll abgekauft habe.»
Beste Nebendarstellerin
«Florence Pugh (‹Little Women›) ist viel zu alt für ihre Rolle, das war lächerlich. Ich fragte mich die ganze Zeit, wieso eine 30 Jährige sich wie ein Kind benimmt [Pugh ist 24, Anm. d. Red.]. Laura Dern (‹Marriage Story›) hat völlig übertrieben gespielt.»
Margot Robbie im Film «Bombshell» bezeichnet das Jury-Mitglied als «Karikatur», Kathy Bates («Richard Jewell») sei schlicht zum vergessen gewesen. «Ich habe mich also für Scarlett Johansson (‹Jojo Rabbit›) entschieden, auch wenn ich den Film nicht wirklich gut fand.»
Wieso sich die Frau für wen in den übrigen Kategorien entschieden hat, kannst du beim «Hollywood Reporter» nachlesen.
(red.)