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Wie die SVP den ESC in Zürich und Bern zu verhindern versucht

Gegenwind

Wie die SVP den ESC in Zürich und Bern zu verhindern versucht

· Online seit 09.07.2024, 09:27 Uhr
Noch ist unklar, wo in der Schweiz der ESC nach Nemos Sieg in Schweden ausgetragen wird. Zwei potenzielle Durchführungsorte müssen sich nun mit einer weiteren Hürde beschäftigen: In Bern will die SVP das Referendum gegen die Durchführung ergreifen, in Zürich ist es ebenfalls ein Thema.
Nico Conzett / watson
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Die Freude war gewaltig in der Schweiz, als Nemo im Mai den ESC das erste Mal seit Céline Dion 1988 für die Schweiz gewinnen konnte. Mit dem Triumph war auch klar, dass die kommende Ausgabe hierzulande stattfinden wird: Es ist ESC-Tradition, dass das Siegerland Gastgeber der nächsten Austragung ist.

Schon kurz nachdem sich der erste Siegesrausch langsam verflüchtigt hatte, brachten sich diverse Schweizer Städte in Stellung: Zürich, Bern, Basel, Genf, auch St. Gallen und Luzern meldeten vorsichtig Ambitionen an. Letztere beide gaben das Rennen aber bald auf. In der Pole-Position sind nun Zürich und Genf, etwas dahinter Basel und Bern.

Referendum wegen 30 Millionen Franken

Doch der euphorisierten Grundstimmung trat schon bald die ungeschönte Realität entgegen: So eine ESC-Durchführung kostet Geld, und zwar nicht wenig. Die Städte und ihre Kantone feilschen um die Aufteilung der Kosten, an einigen Orten werden auch Verbände, aus dem Tourismussektor beispielsweise, in die Pflicht genommen.

Und nun regt sich in zweien der kandidierenden Städte weiterer ernstzunehmender Widerstand: In Bern hat die SVP bereits angekündigt, dass sie das Referendum gegen den vom Kanton gesprochenen Kredit von 30 Millionen Franken ergreifen wird.

Das könnte bereits ausreichen, um eine ESC-Durchführung in Bern zu verhindern, denn: Zu einer Abstimmung könnte es aufgrund der langen Fristen im Kanton erst im kommenden Jahr kommen, wie der Tagesanzeiger schreibt. Viel zu spät – bis dahin muss längst entschieden sein, wo der Event durchgeführt wird, weil die Vorbereitungen viel Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen. Planungssicherheit ist das Stichwort für die SRG, welche für die Produktion verantwortlich ist.

Anlass wird als «Freakshow» bezeichnet

Nebst der SVP unterstützt auch die Berner EDU das Referendum. In einem Post betitelt sie den Anlass als «Freak-Show, an der Judenhass grassiert und Okkultismus toleriert und sogar zelebriert wird».

SVP-Präsident Marcel Dettling begrüsst das Vorhaben seiner Berner Gesinnungsgenossen, wie er gegenüber dem Tagesanzeiger sagt: «Es ist richtig, dass der Stimmbürger entscheiden kann und nicht einfach die Classe politique diese Geldverschwendung beschliesst.» Er findet:

Der Schwyzer Nationalrat würde zudem begrüssen, wenn weitere SVP-Sektionen in den anderen Kantonen der ESC-Durchführung ebenfalls Steine in den Weg legen.

Ein konkretes Thema ist das bereits in Zürich: Obwohl sich die städtische SVP entschlossen hat, auf ein Referendum zu verzichten, ist die Idee noch nicht vom Tisch. Die Junge SVP zieht ein solches weiterhin in Betracht.

Der Grund: Die Kosten. «Die Stadt würde besser die Steuern senken als viel Geld für unnötige Anlässe ausgeben», so Naemi Dimmeler, Präsidentin der JSVP Zürich. Dimmeler ist zudem der Ansicht, dass der ESC immer wieder missbraucht werde, um politische Ansichten kundzutun. Jüngste Beispiele seien die Debatte um das dritte Geschlecht und Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza.

Zürcher Kandidatur gefährdet

In Zürich verkündete das Stadtparlament vergangene Woche, dass die Stadt die ESC-Durchführung mit einem Kredit von 20 Millionen Franken unterstützen würde. Der Kanton will weitere fünf Millionen aus einem gemeinnützigen Fonds aus Lotteriegeldern beisteuern – dieses Vorhaben ist umstritten, nicht nur bei SVP-Vertretern, wurde aber angenommen.

Ob die jungen SVPler das Referendum gegen den Stadtkredit ergreifen, ist noch nicht entschieden. Sie müssten innert 60 Tagen 2000 Unterschriften sammeln. Sollte es aber dazu kommen und die Unterschriftensammlung erfolgreich verlaufen, wäre auch die Zürcher Kandidatur gefährdet. Die demokratischen Mühlen mahlen zwar ein bisschen schneller als in Bern, doch eine Abstimmung wäre ebenfalls frühestens im November möglich.

Basel ist ESC wohlgesonnen

Das SRF hat gegenüber dem Tagesanzeiger angegeben, dass man mögliche Referenden in den Austragungsorten in die Entscheidung einfliessen lasse. Wo Geld gesprochen werde, das keiner Referendumspflicht unterstehe, sei eine Durchführung risikoärmer und biete mehr Planungssicherheit.

Etwas mehr Liebe für den ESC haben die SVPler in Basel übrig. Pascal Messerli, Präsident der Basler Sektion, bekräftigte, dass seine Partei kein Referendum gegen den ESC ergreifen werde – womöglich also ein Vorteil für die Basler Kandidatur.

Sollte es in Zürich ein Referendum geben, würde das aber wohl vor allem Genf zugutekommen. Dort sind Stadt und Kanton bereit, 30 Millionen Franken zu investieren für den ESC. Zudem verfügt die SRG dort über eine bestehende Infrastruktur, was kostentechnisch ein Vorteil ist. Und ein Referendum war in der Romandie bisher noch gar kein Thema.

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veröffentlicht: 9. Juli 2024 09:27
aktualisiert: 9. Juli 2024 09:27
Quelle: watson

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