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Machen Kinder wirklich unglücklich?

Machen Kinder wirklich unglücklich?

21.12.2016, 08:36 Uhr
· Online seit 19.12.2016, 18:17 Uhr
Wer ein Kind bekommt, verändert damit sein ganzes Leben. Auch die Partnerschaft verändert sich komplett. Viele frisch gebackene Eltern haben Mühe, mit diesen Veränderungen umzugehen. Das Elternsein kann Paare aber auch noch näher zusammen bringen - wenn man es richtig angeht.
Fabienne Engbers
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Nach der Geburt des eigenen Kindes leben sich Paare auseinander und die Elternteile werden unglücklich. Das schreibt die Sonntagszeitung. Frisch gebackene Eltern würden zu wenig Zeit miteinander verbringen, weil sie sich ausschliesslich auf ihr Kind konzentrieren. Mütter werden depressiv, Väter werden gestresst weil sie mehr arbeiten. Ausserdem leide die Partnerschaft möglicherweise unter fehlender Leidenschaft, da sich der Körper der Frau nach der Geburt verändert hat. «Ein Kind kann aber auch viel Freude und neuen Zusammenhalt in eine Partnerschaft bringen», sagt Madeleine Eberle Egli, Leiterin der Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Herisau.

Der Partner wird zum Unbekannten

Mit einer Studie, in der 307 Elternpaare befragt wurden, wollen zwei Psychologinnen belegen, dass über 70 Prozent der Eltern mit Kind unglücklicher sind, als sie es ohne Kind waren. Der Partner werde einem fremd, die Lust auf Zweisamkeit und Intimität verschwinde mit einem Kind. Man werde aggressiver, kürzer angebunden und rauer. Es fehle einfach die Zweisamkeit, sobald ein drittes, pflegebedürftiges Wesen zur Familie stosse, sagt die Studie laut der Sonntagszeitung.

«Natürlich ist ein Baby eine Herausforderung»

Irene Spoerlé ist Mütter- und Väterberaterin bei der Perspektive Thurgau. Die Studie habe schon in einigen Punkten recht, sagt die Expertin. «Ein Kind kann eine Herausforderung für ein Paar sein, das Paar muss sich selbst neu finden und definieren.» Nach der Geburt ist man zu dritt und nicht mehr nur zu zweit. Das betont auch Madeleine Eberle Egli. «Man entdeckt seinen Partner von einer neuen Seite, die des Elternteils und muss sich gegenseitig neu kennenlernen und auch Erziehungsfragen gemeinsam klären», sagt sie.

Man hat heutzutage falsche Erwartung an die Elternrolle

Durch glückliche Familienfotos in der Werbung oder auf Social Media haben Eltern teilweise falsche Erwartungen an ihre Zukunft. «Nur weil man ein Kind hat ist man nicht automatisch glücklich», betont Irene Spoerlé. «Das Bild, das werdende Eltern von Familien haben, ist oft schön gemalt. Das Baby lacht oder schläft nicht die ganze Zeit, es schreit auch mal eine Nacht durch und hält die Eltern auf Trab.» Mit diesen Situationen müsse man als frisch gebackene Eltern auch klar kommen, man könne nicht immer nur mit dem Baby kuscheln und es anhimmeln. Merkt man, dass man mit der Situation als Paar nicht mehr klar kommt, sollte man sich Hilfe holen. «Man kommt lieber zu früh als spät in die Beratung», sind sich die beiden Beraterinnen einig. Dort könne man Konflikte erkennen und lösen, damit einem die Zeit als Eltern auch wieder Spass mache. Im Grundsatz sei diese Zeit nämlich eine der schönsten im Leben.

Zeit für sich muss man sich nehmen

Mit dem neuen Lebewesen in der Familie schwindet die Zeit als Paar. «Man sollte sich auch mit einem kleinen Baby Zeit als Paar nehmen», sagt Madeleine Eberle Egli. «Einmal im Monat kann man das Kind ruhig seiner Grossmutter oder einer anderen Bezugsperson überlassen und sich als Paar Zeit für sich nehmen.» Gemeinsam ins Kino oder Essen gehen, solch kostbare Zeit in der man sich als Paar auch austauschen kann, fehlt oft, wenn man ein kleines Kind hat.

Die Glücksmomente überwiegen

Trotz negativen Seiten: Das Elternsein beschert auch wunderschöne Momente, welche man ohne Kind nicht erlebt. «Es riecht gut, es ist unfassbar süss und es ist ein Teil von dir, du hast es erschaffen.» So beschreibt Madeleine Eberle Egli die Gedanken, die einem Elternteil durch den Kopf gehen. «Wenn du es lachen siehst, oder wenn es das erste Mal kriecht oder aufsteht, das sind Glücksmomente, die man nicht vergisst», sagt auch Irene Spoerlé. Diese Glücksmomente würden einen definitiv auch für die schlaflosen Nächte und nervenaufreibenden Tage entschädigen, finden beide Frauen. Sie haben beide Kinder und würden diese nicht missen wollen. «Etwas wird durch sie fortgesetzt und wenn man sie jetzt sieht, wenn sie schon fast erwachsen sind, dann ist das einfach nur schön», sagt Madeleine Eberle Egli.

Unsere Gesellschaft sollte alle Mütter respektieren

Heutzutage gibt es immer mehr Mütter, die nach der Geburt wieder arbeiten wollen. Unsere Gesellschaft solle diese Entscheidung akzeptieren, findet Irene Spoerlé. «Ob nun eine Mutter nach der Geburt wieder arbeiten will oder ob sie zuhause bleiben will, unsere Gesellschaft sollte die Entscheidung der Mutter akzeptieren, egal, wie diese ausfällt.» Ein Umdenken solle hier stattfinden, unsere Gesellschaft müsse Eltern besser unterstützen. «Wichtig ist, dass es der Familie gut geht und unter welchen Umständen dies der Fall ist, das sollte die Familie selbst entscheiden können», sagt die Mütter- und Väterberaterin.

So schlimm kann das Eltern werden also doch nicht sein... Oder?

 

veröffentlicht: 19. Dezember 2016 18:17
aktualisiert: 21. Dezember 2016 08:36

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