Der zweitägige Gipfel der Staats- und Regierungschefs endet an diesem Sonntag in der italienische Hauptstadt, während in Schottland das zweiwöchige Klimatreffen (COP26) beginnt. Auf Einladung der Vereinten Nationen beraten in Glasgow Regierungsvertreter aus rund 200 Staaten zwei Wochen lang, wie die Menschheit die beschleunigte Erderhitzung auf ein erträgliches Mass eindämmen kann. 25 000 Menschen, darunter Tausende Journalisten und Klimaschutzaktivisten, wurden erwartet.
In dem Entwurf für das Abschlusskommuniqué des G20-Gipfels gab es nicht mal mehr eine Einigung auf «sofortiges Handeln», wie es in einem früheren Entwurf noch geheissen hatte. Beim Ziel der Kohlendioxidneutralität gab es auch keine Fortschritte. War ursprünglich 2050 als Zieldatum angestrebt worden, ist jetzt allgemeiner von «Mitte des Jahrhunderts» die Rede. Das geschah offensichtlich auch aus Rücksicht auf China. Der grösste Produzent von Kohlendioxid hatte sich bisher nur bis 2060 dazu verpflichtet.
Der Gruppe der Wirtschaftsmächte kommt eine wichtige Rolle zu, weil sie für rund 80 Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich ist. Während die Positionen der G20 im Klimaschutz weit auseinander lagen, gab es in Rom allerdings eine weitgehende Einigung über Pläne für eine geplante Ausweitung der Impfrate gegen das Coronavirus weltweit, wie aus dem Entwurf weiter hervorgeht.
Die G20 stellt sich hinter die Ziele der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis Jahresende mindestens 40 Prozent «der Bevölkerung in allen Ländern» impfen zu wollen. Bis Mitte nächsten Jahres sollen es 70 Prozent sein. Der Gastgeber, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi, kritisierte die grossen Unterschiede bei den Impffortschritten. Während in reichen Staaten rund 70 Prozent der Einwohner mindestens einmal geimpft seien, falle die Quote bei den ärmsten Ländern auf drei Prozent. Diese Unterschiede seien «moralisch nicht akzeptabel».
Merkel, Scholz und auch Biden treffen Erdogan
Die nur noch geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird am Sonntag am Rande des Gipfels zum zweiten Mal innerhalb von nur zwei Wochen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen - diesmal ist aber ihr Finanzminister und wahrscheinlicher Nachfolger Olaf Scholz (SPD) dabei. In dem Gespräch dürfte es vor allem um die gerade noch so abgewendete diplomatische Krise um den seit vier Jahren inhaftierten Unternehmer und Menschenrechtler Osman Kavala gehen.
Erdogan hatte den Botschaftern Deutschlands, der USA und acht weiterer westlicher Länder Einmischung vorgeworfen und ihnen mit Ausweisung gedroht. Eine von Erdogan als Einlenken gewertete Erklärung einzelner Botschafter verhinderte den Eklat noch.
US-Präsident Joe Biden wollte sich am Sonntag ebenfalls mit Erdogan treffen, wie ein hoher Beamter des Weissen Hauses erklärte. Dabei werde es um die Lage in den Krisenländern Libyen und Syrien, aber auch um den umstrittenen Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400 durch die Türkei gehen. Die USA hatten den Nato-Partner deswegen von einem wichtigen Rüstungsvorhaben, der Entwicklung des Kampfflugzeugs vom Typ F-35, ausgeschlossen.
Biden dringt auf Umsetzung des Abkommens zu Nord Stream 2
Mit Merkel und Scholz hatte sich Biden bereits am Samstag, dem ersten Gipfeltag getroffen. Dabei betonte der US-Präsident die Bedeutung der deutsch-amerikanischen Vereinbarung über die Gas-Pipeline Nord Stream 2. Darin verpflichtet sich Deutschland zu verhindern, dass Russland Erdgas-Exporte politisch instrumentalisiert - vor allem gegen die Ukraine. Sollte ein Ampel-Bündnis zwischen SPD, Grünen und FDP zustande kommen, würden die Positionen der Koalitionspartner in Sachen Nord Stream 2 sehr weit auseinandergehen. Die Grünen sind strikt gegen das Projekt, die SPD von Scholz befürwortet es dagegen eher.
Nord Stream 2 galt vor allem in der Ära von US-Präsident Donald Trump als ein Hauptstreitpunkt im deutsch-amerikanischen Verhältnis. Ein anderer transatlantischer Streit wurde in Rom beigelegt. Die USA einigten sich mit der EU auf die vorläufige Beilegung ihres jahrelangen Streits um amerikanische Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Das erklärten beide Seiten am Samstagabend am Rande des Gipfeltreffens. US-Angaben zufolge sieht die Grundsatzeinigung vor, dass die EU-Staaten künftig bestimmte Mengen der Werkstoffe zollfrei in die USA importieren dürfen. Zudem setzen demnach beide Parteien in der Sache anhängige Verfahren vor den Gremien der Welthandelsorganisation (WTO) aus.