Der Minister wolle in der Sitzung am Mittwoch Massnahmen vorschlagen, wie man mit der Situation umgehen sollte, sagte der Sprecher des Ministeriums, Steve Alter, am Montag.
Die deutsche Regierung und auch die Regierungen in Lettland, Litauen und Polen beschuldigen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Migranten und Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Aussengrenze zu bringen. Lukaschenko hatte Ende Mai angekündigt, dass Minsk Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern werde - als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen gegen sein Land.
Seitdem mehren sich Meldungen über versuchte irreguläre Grenzübertritte an den EU-Aussengrenzen zu Belarus sowie an der polnisch-deutschen Grenze. Seit August seien hier rund 4500 illegale Einreisen festgestellt worden, teilte das deutsche Innenministerium mit.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Vergleiche mit der sogenannten Flüchtlingskrise, als binnen weniger Monate mehr als eine Million Asylbewerber ins Land gekommen waren, seien unangebracht. Er betonte: «Wir sind ja in keiner Weise in einer Situation wie 2015, was mancher so anklingen lässt.»
Der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, dringt derweil auf die Einführung temporärer Kontrollen an der Grenze zu Polen. Teggatz begründete dies in einem Schreiben an Seehofer auch mit der Gesundheitsgefährdung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundespolizei, wie «Bild» berichtete. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält von dieser Idee zum jetzigen Zeitpunkt nichts.
«Seit mehreren Monaten steigen die Zahlen der Aufgriffe nahezu explosionsartig an», zitierte das Blatt aus dem Brief der Bundespolizeigewerkschaft. Nur mit der Einführung temporärer Grenzkontrollen könne die Bundesregierung einem «Kollaps» an den Grenzen wie 2015 vorbeugen.
Teggatz schrieb weiter: «Auch sind unsere Kolleginnen und Kollegen einer erheblichen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt, da die SARS COV-2 Infektionen, insbesondere in den Herkunftsländern der Migranten (Irak, Syrien, Jemen, Iran, Afghanistan, usw.), nach wie vor sehr hoch sind und nur sehr selten behördlich erfasst werden.» Hygienevorschriften wie in Deutschland und Europa üblich würden bei der Schleusung nicht beachtet.
Der Gewerkschaftsvorsitzende schlug vor: Die EU sollte solchen Fluggesellschaften die Start- und Landegenehmigungen innerhalb der europäischen Union entziehen und damit einen wirtschaftlichen Druck aufbauen."
«Wir sind nicht länger bereit zuzusehen, dass es auch Unternehmen gibt wie Fluggesellschaften, die damit auch noch Geld verdienen», sagte der deutsche Aussenminister Heiko Maas am Montag bei einem Treffen mit Amtskollegen in Luxemburg. Man brauche Sanktionen, mit denen man klar machen könne, dass man nicht bereit sei, dies weiter zu akzeptieren.
Maas erhob erneut schwere Vorwürfe gegen den belarussischen Machthaber Lukaschenko persönlich. «Wir sehen uns in Europa konfrontiert mit der Tatsache, dass Lukaschenko Flüchtlinge als Instrument benutzt, um Druck auf europäische Staaten auszuüben», sagte er. Er sei «nichts anderes als der Chef eines staatlichen Schleuserrings».
Litauens Innenministerin Agne Bilotaite kündigte eine Aufstockung der Truppen zur Unterstützung von Grenzschutzbeamten an - so sollen täglich bis zu 64 Soldaten zusätzlich eingesetzt werden. «Wir müssen reagieren und auf den schlimmsten Fall vorbereitet sein», wurde Bilotaite in einer Mitteilung zitiert. Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas betonte, die litauische Arme habe «im Kontext der hybriden Aggression» Unterstützung geleistet und werde dies weiterhin tun.
Der Innenminister des Bundeslandes Brandenburg, Michael Stübgen, äusserte Bedenken gegen den Vorschlag befristeter Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze. «Ob die Kapazitäten der Bundespolizei ausreichen, mehrere hundert Kilometer Grenze zu Polen zu kontrollieren und ob der Aufwand sich lohnt, kann nur die Bundesregierung entscheiden», sagte Stübgen am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Er habe seine Zweifel, dass temporäre Kontrollen das Problem lösten. Er warnte vor einer «Eskalationsspirale» an der Grenze.
«Aktuell sehen wir keinen Anlass für Grenzkontrollen», sagte der Vorsitzender des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Rosskopf, der dpa. «Ja, es muss reagiert werden, aber wir bevorzugen eine Intensivierung der Grenzfahndung», fügte er hinzu. Die aktuelle Situation sei, was die Zahl der ankommenden Schutzsuchenden angeht, nicht mit der Situation im Herbst 2015 vergleichbar.