An der «Operation Carta Bianca» seien insbesondere die italienische Finanzpolizei Guardia di Finanza Aosta, die Staatsanwaltschaft Turin, Europol und die EU-Justizbehörde Eurojust beteiligt gewesen, teilten die in Deutschland zuständigen Polizei und Staatsanwaltschaft Duisburg am Dienstag mit.
In Italien wurden den Angaben zufolge 17 Haftbefehle erlassen. Beamte durchsuchten in den frühen Morgenstunden Wohnungen und Gewerbeobjekte auch in der Schweiz und Deutschland. Wie die italienische Finanzpolizei am Morgen mitteilte, haben Ermittler insgesamt 22 Verdächtige im Alter von 32 bis 77 Jahren festgenommen.
Das Amtsgericht Duisburg veranlasste davon fünf Haftbefehle, die in Deutschland, Italien und der Schweiz vollstreckt wurden. Zu den Tatverdächtigen gehörten unter anderem zwei Inhaber von Steuerberatungs- und Treuhandgesellschaften in NRW und Baden-Württemberg sowie ein ehemaliger Finanzbeamter aus dem Ruhrgebiet.
Insgesamt beschlagnahmten die Fahnder laut Guardia di Finanza und den Duisburger Behörden, wo das Verfahren unter dem Namen «EK Grün» lief, unter anderem Bankkonten, Immobilien und Kryptowährungen im Wert von insgesamt rund 41 Millionen Euro. Es bestehe der Verdacht der Bildung krimineller Vereinigungen, des schweren Betrugs zur Erlangung öffentlicher Leistungen sowie der Geldwäsche.
Die Ermittler nahmen europaweit seit Mai 2019 hunderte Konten und Firmen unter die Lupe, werteten dutzende Datenträger aus, ehe sich durch «umfassende und dezidierte Recherche» ein Gesamtbild zusammenfügte, wie die Duisburger Behörden mitteilten. Involviert waren auch die Steuerfahndung Düsseldorf beim Landeskriminalamt NRW, die Steuerfahndungen in Bochum und Cottbus, die Staatsanwaltschaft des Schweizer Kantons Luzern und die dortige Polizei.
Im Zentrum der Ermittlungen der Turiner Staatsanwaltschaft steht ein Betrug, bei dem es um den Mechanismus der Energieeffizienznachweise geht, der sogenannten «Weissen Zertifikate». Hierbei handele es sich um das wichtigste Instrument zur Förderung der Energieeffizienz in Italien, das dort 2005 eingeführt wurde. Der Tätergruppierung aus Italien wird vorgeworfen, unter anderem Scheinfirmen gegründet zu haben, um im Zeitraum zwischen 2016 und 2020 öffentliche Gelder in Höhe von mehr als 27 Millionen Euro für fingierte Energieeffizienzprojekte, zum Beispiel energetische Sanierungen von Gebäuden, zu erschleichen.
Die Tatverdächtigen aus Deutschland sollen einen Grossteil, fast 15 Millionen Euro des in Italien widerrechtlich erlangten Geldes, «gewaschen» haben. Nach Abzug einer zehnprozentigen Provision wurden die Gelder - meist in bar - wieder nach Italien gebracht. Es kam den Angaben zufolge bei mehr als 500 Überweisungen aus Italien zu Verschleierungshandlungen. Dazu seien zum Teil Scheinfirmen gegründet worden. Mit falschen Rechnungen, zum Beispiel für angebliche Solaranlagen, wurde der Geldfluss verschleiert. Ein Teil dieser Scheinfirmen hatte den Sitz in Zossen (Brandenburg).
In einem anderen Fall haben mehr als 250 Spezialeinsatzkräfte der Polizei am Dienstagmorgen 16 Objekte einer Rockergruppe in Köln und Pulheim durchsucht. Hintergrund sei ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes, das nach Schüssen auf ein ehemaliges «Hells Angels»-Mitglied (31) in der Kölner Altstadt im Oktober eingeleitet worden war, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei Köln mit. Die Ermittlungen richteten sich gegen 15 Männer im Alter von 23 bis 51 Jahren, die allesamt Angehörige der Ortsgruppe «Hells Angels MC Honorfield» seien.
Bei dem Angriff auf den 31-Jährigen soll einer der Beschuldigten nach Polizeiangaben mindestens drei Schüsse abgegeben haben. Eines der Geschosse schlug durch die Rollläden in die Wohnung eines Unbeteiligten ein. Verletzt wurde dabei niemand.