Als letzte der drei Parteien wollen an diesem Montag die Liberalen über die Aufnahme intensiver Gespräche für eine rot-grün-gelbe Regierung entscheiden. Zugleich begannen vor allem zwischen Grünen und FDP unterschwellige Debatten über die Besetzung wichtiger Ministerien.
Bei der FDP traf sich zunächst das Parteipräsidium, ab Mittag kamen dann der Bundesvorstand und die neugewählten Bundestagsabgeordneten zusammen, um über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen zu entscheiden.
Parteichef Christian Lindner rechnet fest mit Zustimmung - und mit der Bildung der ersten Ampel-Koalition auf Bundesebene. «Scheitern ist hier keine Option», sagte Lindner am Sonntagabend im ZDF. «Wir brauchen eine stabile Regierung in Deutschland. Sie sollte auch schnell gebildet werden.»
Ähnlich äusserte sich Generalsekretär Volker Wissing. «Und während wir die Gespräche geführt haben, hat man ja auch gesehen, dass alternative Optionen zur Ampel immer unwahrscheinlicher werden», sagte er NDR Info.
Stimmen die Spitzengremien der FDP zu, ist der Weg für Koalitionsverhandlungen frei. SPD und Grüne haben den Gesprächen bereits zugestimmt, sie könnten noch in dieser Woche beginnen. Dabei wird es in den kommenden Wochen auch um den Zuschnitt und die Besetzung der einzelnen Ministerien gehen.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte im Wahlkampf stets betont, sein Kabinett solle paritätisch, also mit gleich vielen Frauen wie Männern besetzt sein. Davon zeigten sich führende FDP-Politiker wenig begeistert. «Bei der Besetzung von Kabinettsposten sollte immer die Qualifikation und die Fähigkeit, ein Ministerium zu führen, eine Hauptrolle spielen», sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Starre Quotenregelungen seien «in der Regel kontraproduktiv».
FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann erklärte: «Wenn man die gesellschaftliche Realität im Kabinett abbilden möchte, macht es natürlich Sinn, Minister und Ministerinnen gleichermassen im Kabinett zu haben.» Aber zuallererst müsse die fachliche Kompetenz eine Rolle spielen, denn die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht."
Vor allem um die Besetzung des Finanzressorts bahnt sich eine Auseinandersetzung zwischen Grünen und FDP an. Vor allem Lindner signalisierte bislang Interesse. Zugleich äusserte er die Erwartung, dass ein Ministerium geschaffen wird, das sich federführend um den Klimaschutz kümmert. «Das ist aber keine bereits bestehende Verabredung», betonte er im ZDF.
Zuvor hatte er in der ARD gesagt: «Es gibt das Bundeskanzleramt, es gibt das Finanzministerium, es gibt ein neues Klimaministerium. Und ich bin der Meinung, jeder der Partner muss eine Möglichkeit haben, auch gestalterisch zu wirken.»
Mehrere Spitzenpolitiker der Ampel-Parteien versuchten, die Personaldebatte auszubremsen. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans drang darauf, zuerst über Inhalte zu sprechen. «Wir reden jetzt nicht darüber, was an einzelnen Ministerien wie zugeschnitten wird», sagte er am Montag im «Frühstart» von RTL und ntv. «Ich erwarte, dass wir das machen, was wir auch verabredet haben: Nämlich, dass wir zuerst über die Inhalte reden.» Lindner wolle scheinbar bereits Pflöcke einschlagen will für Verhandlungen.
Auch Lindners Parteifreund Wissing bezeichnete Ressortdiskussionen als verfrüht. «Natürlich müssen am Ende, wenn man Koalitionsverhandlungen abgeschlossen hat, auch Ressortfragen geklärt werden», sagte er. «Aber die jetzt zu thematisieren, halte ich nicht nur für verfrüht, sondern auch für wenig hilfreich, weil es von den Inhaltsfragen ablenkt.» Personaldebatten überlagerten «ganz schnell auch die politischen Gespräche». «Das hilft jetzt niemandem.»
Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, erklärte im RTL/ntv-«Frühstart»: «Ich finde, über Personal muss geredet werden, aber ehrlicherweise: Das macht man am Ende von Verhandlungen.» Grünen-Chef Robert Habeck sagte in der ARD, es gehöre «zur Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit», jetzt keine Personaldebatten aufzumachen.
Am Freitag hatten die Unterhändler der Parteien ihre Sondierungen beendet und ein Ergebnispapier vorgestellt. Danach sollen wichtige Steuern wie die Einkommen- und Unternehmenssteuern nicht erhöht werden. Ausserdem soll die sogenannte Schuldenbremse wieder eingehalten werden.
Der gesetzliche Mindestlohn soll auf 12 Euro pro Stunde steigen. Beim Klimaschutz sind unter anderem ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien und ein Kohleausstieg im Idealfall schon bis 2030 geplant.