Der 64-Jährige erhielt 80,1 Prozent der Stimmen, wie der Chef der Wahlkommission, Sajniddin Nisamchodschajew, am Montag in der Hauptstadt Taschkent mitteilte. Das war – für viele in dem Land unerwartet – weniger als vor fünf Jahren, als er noch 88,6 Prozent zugesprochen bekommen hatte. In der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik, die an Afghanistan grenzt, war die Opposition nicht zur Wahl zugelassen.
Mirsijojew, der nach dem Tod von Diktator Islam Karimow 2016 das Land international geöffnet hatte, will seinen Reformkurs in den kommenden fünf Jahren fortsetzen. Laut Verfassung ist das seine letzte Amtszeit. Um an der Macht zu bleiben, müsste er sie ändern. «Die nächsten Jahre werden für Usbekistan ein Demokratie-Test», sagte der Politologe Rawschan Nasarow der Nachrichtenagentur DPA in Taschkent.
Es sei unklar, ob der Staatsbeamte sowjetischer Prägung einen Nachfolger aufbaue und dann von Macht lasse. Das Land hat etwa 35 Millionen Einwohner – Tendenz rasch steigend. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Mirsijojew hatte vier kaum bekannte Mitbewerber, darunter erstmals eine Frau – Maksuda Worissowa kam als Zweitplatzierte auf 6,6 Prozent. Alle gehören regierungsnahen Parteien an und galten als chancenlos. Die Wahlbeteiligung unter den mehr als 21 Millionen Berechtigten wurde mit 80,8 Prozent angegeben.
«Es gab keine politische Alternative zum Amtsinhaber, der viele Reformen umgesetzt und das Land international nach allen Seiten geöffnet hat», sagte der Experte Nasarow. Der Reformeifer habe sich in der Corona-Pandemie zwar verlangsamt. Dennoch gebe es die Hoffnung, dass der Kurs der Erneuerung des Landes und des wirtschaftlichen Aufschwungs samt ausländischen Investitionen fortgesetzt werde. Gesprochen werde heute offen über Probleme wie Korruption und die massenhafte Auswanderung. Millionen Usbeken verdienen Geld für ihre Familien etwa in Russland.
Menschenrechtler kritisieren dagegen massenhafte Verstösse gegen die freiheitlichen Grundrechte, deren Einhaltung Mirsijojew immer wieder verspricht. Es seien zwar viele politische Gefangene freigelassen worden, trotzdem gebe es weiter viele Andersdenkende auf schwarzen Listen, sagte auch Nasarow. Viele Bürger in Usbekistan hielten dem Präsidenten aber etwa zugute, dass er die verpflichtenden Arbeitseinsätze für Studenten auf Baumwollfeldern abgeschafft hat.
Auch Reisen innerhalb des Landes und ins Ausland sind für die Menschen einfacher geworden. Polizeiposten auf den Strassen und viele Zäune sind weg. Unzufrieden sind die Menschen aber mit den niedrigen Monatseinkommen von im Schnitt umgerechnet rund 200 Euro, mit der hohen Arbeitslosigkeit und steigenden Lebenshaltungskosten.
«Der Wahlsieg ist Ausdruck der Hoffnung, den viele Menschen in den Präsidenten haben. Er hat für viele etwas vorangebracht», sagte Ronny Heine, der in Taschkent das Büro der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung für Zentralasien leitet.
Die internationalen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten den Ausschluss der Opposition sowie «bedeutende Unregelmässigkeiten» am Sonntag. Wähler hätten teils ohne Dokumente abgestimmt; es seien Urnen packenweise mit Wahlzetteln vollgestopft worden. Auch Ergebnisprotokolle seien einfach verändert worden. Kritisiert wurden Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit. So war etwa der Kurznachrichtendienst Twitter blockiert. Es fehle in Usbekistan an einem «vollen Respekt für politische Freiheiten», sagte der Österreicher Reinhold Lopatka. «Demokratie ist ein langer und schwieriger Weg.»