Wirtschaft

Dicke Luft im Luftfahrtsmuseum

Dicke Luft im Luftfahrtsmuseum

· Online seit 09.12.2018, 19:39 Uhr
In Friedrichshafen tobt ein erbitterter Krieg im Dornier-Flugzeugmuseum. In den Hauptrollen: Der Enkel eines Flugpioniers, ein Journalist, der Unwahrheiten verbreitet haben soll und ein Flugzeug, das spektakulär entführt wurde.
Praktikant FM1Today
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80 Passagiere sitzen im Flugzeug von Palma de Mallorca, als es in Richtung Frankfurt abhebt. Doch dort wird es nie ankommen. Ein palästinensisches Terrorkommando entführt die Maschine, zwingt sie zur Routenänderung. Nach einem Irrflug über den Nahen Osten landet die Maschine in Dubai. Zwei Tage muss das Flugzeug bei glühender Hitze auf dem Rollfeld warten und danach wieder starten. Im Jemen ist die Landebahn mit Fahrzeugen blockiert, trotzdem werden die Piloten zur Notlandung gezwungen. Diese gelingt, doch der Pilot steigt aus um das Fahrwerk zu kontrollieren. Dabei bleibt der Captain zu lange weg – als der er zurückkommt, erschiesst ihn ein Terrorist. Der Co-Pilot startet alleine in Richtung Somalia. Dort gelingt, nach einem weiteren Tag im Flugzeug, die Befreiung – drei der vier Terroristen werden getötet.

Das war im Oktober 1977 und das Flugzeug mit dem Namen «Landshut» schrieb Geschichte.

Jetzt, 41 Jahre später, sorgt die «Landshut» wieder für Aufsehen. Die Deutsche Regierung hat das schrottreife Flugzeug gekauft und will es restaurieren. Danach soll die Maschine in Friedrichshafen als Gedenkstätte im Museum stehen. Besonders dafür eingesetzt haben sich David Dornier, der Enkel des Luftfahrtpioniers Claude Dornier und Museumsdirektor des Dornier-Museums, sowie Martin Rupps, Journalist beim öffentlich-rechtlichen Sender SWR, Politologe und Autor eines Buches über die «Landshut». Zusammen wollten die beiden das Flugzeug ausstellen. Doch mittlerweile gibt es Streit.

«Unwahre Unterstellungen und Behauptungen»

«Seit mehreren Monaten müssen wir uns mit unwahren und unbelegbaren Unterstellungen und Behauptungen von Martin Rupps auseinandersetzen», heisst es in einer Medienmitteilung der Dornier-Stiftung. Rupps sitzt im wissenschaftlichen Beirat, der das Projekt «Landshut» begleitet und berät. Doch das Projekt ist ins Stocken geraten: 2020 sollte die Eröffnung gefeiert werden, der Beirat rechnet mittlerweile aber mit 2022, schreibt der SWR, der Arbeitgeber von Rupps. Im gleichen Text wird er als Experte zitiert und sagt: «Wichtige Fragen sind noch nicht geklärt, das zieht sich alles unendlich hin.»

Eine dieser Fragen ist die der Finanzierung. Der deutsche Staat trägt die Kosten bis zur Ausstellungseröffnung, rund 10 Millionen Euro insgesamt. Doch die Kosten für den Betrieb der Ausstellung, geschätzt rund 200'000 Euro pro Jahr, sind noch ungeklärt. Museumsdirektor Dornier geht im Gespräch mit dem Südkurier davon aus, dass die ersten Jahre kostendeckend betrieben werden können und er erst danach Geld braucht. «Wer bestellt, der muss auch bezahlen. Letztlich ist es ein Projekt der Bundesrepublik Deutschland.» Es gebe Verhandlungen aber noch keine Ergebnisse.

Flugzeug kommt ohne Wissen der Stadt

Eine weitere Finanzierungsquelle wäre die Stadt Friedrichshafen, die Trägerin der Zeppelin-Stiftung. Doch auch mit dieser gibt es Probleme. Im Frühjahr  2017 verhandelte Dornier mit der Stadt. Er wollte Geld für sein Museum, das die Dornier-Familie in den vorigen Jahren mit über 43 Millionen Euro finanziert hat. «Die Familie beabsichtige, unter Umständen den Museumsbetrieb aus finanziellen Gründen zum Jahresende 2017 einzustellen», heisst es in einer Sitzungsvorlage, die dem Südkurier vorliegt. Das Museum mache rund 1,7 Millionen Euro Verlust pro Jahr, es sei seit der Eröffnung weit unter dem Ziel von 180'000 Besuchern pro Jahr geblieben.

Parallel zu diesen Gesprächen verhandelte Dornier mit der deutschen Regierung über die Rückkehr der «Landshut» nach Friedrichshafen – ohne das Wissen der Stadt. Diese äusserte sich dann auch nur zurückhaltend über das Projekt. «Eine Unterstützung für das Landshut-Projekt durch die Zeppelin-Stiftung ist stiftungsrechtlich kritisch bis nicht zulässig.»

Schon bald Lichterlöschen?

Derweil streut Martin Rupps in einem Brief an mehrere deutsche Land- und Bundestagsabgeordnete das Gerücht, die Brüder von David Dornier hätten angekündigt, dem Museum «zeitnah den Stecker zu ziehen». Dies dementiert die Stiftung in der Mitteilung: «Das Museum wird auf der derzeitigen Grundlage viele Jahre weiter betrieben werden.»

Die Gerüchteküche brodelt aber weiter. Rupps behauptet gegenüber des Südkuriers, dass die Familie Dornier der Stadt Friedrichshafen angeboten habe, das Museum zu übernehmen und auch die Beauftragte der Bundesregierung unterstütze eine Übernahme. Während Dornier Gespräche mit der Stadt verneint, äussern sich die Stadt und die Beauftragte der Bundesregierung nicht. Die Stadt will aber in der nächsten Woche ein Museumskonzept vorstellen.

Rupps ist noch immer Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates. Bei der letzten Sitzung im November 2018 fehlte er jedoch. Für die Stiftung ist klar, warum Rupps die Gerüchte streut: «Der Umstand, dass der Wissenschaftliche Beirat nicht seinem Wunsch gefolgt ist, ihn zum Vorsitzenden oder Stellvertreter zu wählen, sollte ihn jetzt aber nicht veranlassen, die Arbeit des Museums und der am Landshut-Projekt Beteiligten zu beschädigen.»

veröffentlicht: 9. Dezember 2018 19:39
aktualisiert: 9. Dezember 2018 19:39
Quelle: tob

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