Wirtschaft

Weshalb Patienten ihren Arzt belügen

Weshalb Patienten ihren Arzt belügen

03.12.2018, 16:30 Uhr
· Online seit 03.12.2018, 15:59 Uhr
Zwischen 60 bis 80 Prozent aller Patienten lügen ihren Arzt gelegentlich an. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Praktikant FM1Today
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«Ja natürlich treibe ich regelmässig Sport», «Ich rauche nur gelegentlich» und «Früchte und Gemüse esse ich mehrmals täglich». Solche Aussagen hören Ärzte oft. Doch sie sind selten wahr. Eine neue Studie des Fachmagazins «Jama» zeigt, dass zwischen 60 und 80 Prozent der Patienten ihren Doktor anflunkern, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt.

Bei Alkohol und Zigaretten wird geflunkert

Am meisten geschummelt wird demnach bei Fragen zur Ernährung, zur Fitness oder zu Nahrungsergänzungsmittel. Auch beim Thema Suchtmittel würden Patienten gerne etwas flunkern, bestätigt Philipp Lutz, Medienbeauftragter des Kantonsspital St.Gallen. «Dass Patienten bei der Bewegung, dem Rauchen und dem Alkoholkonsum manchmal unter- oder übertreiben, kommt auch im Kantonsspital St.Gallen vor. Es ist aber durchaus menschlich.»

Patient will sich nicht blossstellen

Es gibt offenbar viele Gründe, warum der Arzt angelogen wird. «Die meisten Patienten wollen, dass ihr Arzt eine hohe Meinung von ihnen hat und möchten nicht als jemand gelten, der sich zu wenig um sich kümmert», sagt Angela Fagerlin von der University of Utah gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Ähnlich schätzt auch Philipp Lutz die Situation ein. «Die Patienten wollen sich nicht blossstellen. Die Ärzte haben aber meist ein gutes Gespür dafür und wissen, wie sie die Antworten einordnen müssen.»

Ernste Krankheiten erfordern Ehrlichkeit

Gefährlich wird es, wenn die Patienten ihre Medikamente nicht regelmässig nehmen oder mit der Empfehlung des Arztes nicht einverstanden sind, diese Haltung jedoch verbergen. «Es ist wichtig, dass man gewisse Dinge nicht verheimlicht, zum Beispiel auch, wenn man zusätzliche Medikamente einnimmt», sagt Philipp Lutz. Patienten mit ernsten Krankheiten, würden automatisch weniger lügen. «Jemand mit Krebs oder Herzproblemen ist bei seinen Antworten meist sehr präzise. Kommt jemand mit Übergewicht oder einem Beinbruch, wird sicher mehr geflunkert.»

Laut der Süddeutschen Zeitung würden Ärzte ihrerseits reagieren. So kursiert die Faustregel, dass die körperliche Aktivität halbiert und der Alkoholkonsum verdoppelt werden müssen, um auf halbwegs realistische Angaben zu kommen.
veröffentlicht: 3. Dezember 2018 15:59
aktualisiert: 3. Dezember 2018 16:30
Quelle: tob/kov

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