Alpstein statt Amerika und Bodensee statt Bahamas: Ferien sind dieses Jahr trotz Pandemie möglich, allerdings bis auf weiteres nur im eigenen Land. Nun sind auch die beliebten Ausflugsziele in der Ostschweiz bald wieder zugänglich. «Ab dem 11. Mai sind alle Parkplätze geöffnet», sagt Markus Walt, Leiter des Innerrhoder Amtes für Wirtschaft. Sprich: Auf beliebten Parkplätzen wie in Wasserauen und Brülisau darf wieder uneingeschränkt parkiert werden. Bislang waren Wanderer heimgeschickt worden, wenn die Parkplätze zu 80 Prozent belegt waren – mit dem Ziel, einen Ansturm von Ausflüglern im Alpstein zu vermeiden. Weiterhin geschlossen sind laut Walt die sogenannten «Überlaufparkplätze» auf Wiesen. Diese sollen zur Verfügung stehen, sobald die Bergbahnen wieder verkehren dürfen. Der Bundesrat sieht diesbezüglich eine Lockerung ab dem 8. Juni vor.
Die meisten Bergbeizen ab Auffahrt geöffnet
Freuen über den Parkplatz-Entscheid des Kantons dürfen sich nicht nur Wanderer, sondern auch die Bergbeizen. «Wir sind schon voll in den Vorbereitungen für die Saisoneröffnung», sagt Thomas Manser, Wirt im Berggasthaus Bollenwees und Präsident des Bergwirtevereins. Einige Bergwirtschaften würden bereits nächste Woche oder am 16. Mai öffnen – die meisten anderen, so auch die Bollenwees, am Auffahrtswochenende. «Bisher habe ich von niemandem gehört, der wegen der Coronavirus-Massnahmen nicht öffnet», sagt Manser gegenüber FM1Today.
Auch in den Betrieben im Alpstein gilt: Es dürfen an jedem Tisch nur vier Personen oder eine Familie sitzen, dazwischen müssen zwei Meter Abstand eingehalten werden. Die Kapazität liege bei vielen Beizen nur noch bei der Hälfte, schätzt Manser. «Die Wirtschaftlichkeit ist anzuzweifeln. Aber die tritt bei vielen Gastgebern in den Hintergrund, weil wir uns darauf freuen, die Leute wieder bewirten zu dürfen.» Einige Bergwirte würden an einer Möglichkeit feilen, ein Takeaway-Angebot für jene anzubieten, die in der Beiz keinen Platz haben. «Dann ist natürlich auch ein Abfallkonzept nötig», sagt der Präsident des Bergwirtevereins. In den Bergen gebe es nicht alle paar Meter einen Abfallkübel, um sein Glacéstängeli wegzuwerfen, sagt auch Markus Walt vom Amt für Wirtschaft. «Die Bezirke sind schon heute dabei, den Abfall von Leuten wegzuräumen, die es eher gewohnt sind, entlang des Sees zu flanieren.»
Unterschiedliche Handhabung an Seen
Eben solche Spaziergänge sind noch nicht überall möglich. In Rorschach bleiben die Parkplätze beim Seerestaurant und Strandbad dieses Wochenende noch gesperrt, wie Stadtschreiber Marcel Aeple sagt. «Menschenansammlungen sollen ja immer noch vermieden werden.» Nach dem nächsten grossen Lockerungsschritt am 11. Mai werde man die Parkplätze aber wohl wieder öffnen. «Auch in den Nachbargemeinden sind die Parkplätze wieder offen, wir wollen nicht, dass Rorschach isoliert dasteht», sagt Aeple.
In Rapperswil-Jona werden die Absperrungen von öffentlichen Anlagen, Kinderspielplätzen und Sportplätzen heute Freitag um zirka 18 Uhr entfernt. Auch die Zürichsee-Promenade wird wieder freigegeben. Der Stadtrat zählt auf die Selbstverantwortung der Bevölkerungen – es gelte weiterhin, die Schutzmassnahmen des Bundes einzuhalten.
Walenstadt will das strenge Regime erst lockern, sobald der Bundesrat grünes Licht für Versammlungen gibt. Die Parkplätze am See sind nach wie vor gesperrt. «Sobald wir die Parkplätze wieder öffnen, haben wir am See ein Problem», sagt Gemeindepräsident Angelo Umberg. Er selber sei oft am Walensee, zu Fuss oder mit dem Velo gelange man immer noch ans Ufer. «Da gibt es immer viele Leute, einige von ihnen gehen fahrlässig mit Social Distancing um. Deshalb sehe ich keinen Grund, noch mehr Leute an den See zu lassen.»
Andrea Manser, Leiterin Tourist Information bei Appenzellerland Tourismus AI, kann noch nicht genau abschätzen, wie viele Gäste diesen Sommer in ihre Ferienregion reisen werden. Positiv sei, dass auch in «gewöhnlichen» Jahren rund 85 Prozent der Gäste aus dem Inland kämen. Die Nachfrage sei sehr wetterabhängig. Hinzu komme die Skepsis der Leute bezüglich der Schutzmassnahmen in der Gastronomie. «Einige haben grosse Lust, wieder rauszugehen, andere hingegen fühlen sich unsicher und wollen sich in einem Restaurant nicht vorkommen wie in einem sterilen Spital.»
«Vorsicht vor alpinen Gefahren»
Die aktuelle Gesundheitskrise ist für die Bergwirte auch eine Chance, wie Thomas Manser sagt. «Wir erhalten die Möglichkeit, uns von unserer besten Seite zu zeigen und zu beweisen, wie schön Ferien in der Schweiz sind.» Er erwartet sowohl erfahrene Berggänger als auch «Ausflügler mit Halbschuhen». Und warnt insbesondere letztere: «Der Alpstein ist jetzt nicht einfach offen. Man muss sich immer auf alpine Gefahren gefasst machen. Nicht alle Wege sind schon begehbar.» Auch hofft er, dass sich die Gäste nicht nur im Tal, sondern auch auf über 1000 Metern über Meer an die Schutzmassnahmen des Bundes halten. «Im schlimmsten Fall müsste der Betrieb bei Nichteinhaltung geschlossen werden. Und die saftige Busse von bis zu 5000 Franken zahlt am Ende der Wirt und nicht der Gast.»