Herr Rüdin, wie kamen die Anträge für ein Covid-Zertifikat überhaupt nach Appenzell Ausserrhoden?
Marc Rüdin: Wenn jemand in der Schweiz ein Zertifikat beantragt, muss diese Person das über eine Plattform des Bundes machen. Dort werden die Anträge dann den Kantonen zugewiesen.
Und dort sind die Fälschungen aufgefallen?
Die Stelle, die das bei uns macht, hat festgestellt, dass gleich mehrere Personen von hier zur selben Zeit im gleichen Impfzentrum in Deutschland waren. Da hat man nachgefragt und die Auskunft bekommen, dass dort keine Ausländer – also auch keine Schweizer – geimpft werden. Man hat auch bei weiteren Impfzentren nachgefragt und dort ebenfalls diese Auskunft bekommen.
Von den zwölf Personen mit gefälschten Impfpässen wohnen aber nur drei in Ausserrhoden.
Die anderen Personen haben teilweise eine Adresse bei uns angegeben. Da haben wir gemerkt, dass sie gar nicht hier wohnen. Oder aber sie sind uns vom Bund zur Überprüfung zugeteilt worden. Als wir merkten, dass die Wohnadresse nicht stimmt, haben wir sie für die polizeiliche Überprüfung an die jeweiligen Kantone weitergegeben. Grundsätzlich könnten wir aber für alle Kantone Zertifikate ausstellen.
Wurden die Fälschungen in Deutschland hergestellt?
Wir wissen: Das Impfbüchlein war original. Und es hatte einen Sticker drin, der zeigt, welcher Impfstoff vergeben worden ist, es hatte einen Stempel und eine Unterschrift. Soweit alles korrekt. Uns kam es einfach komisch vor, dass all diese Leute innert zwei Tagen im selben Impfzentrum in Deutschland waren.
Also hat man im Impfzentrum angerufen.
Ja, eine Person auf der Zertifikatstelle hat nachgefragt. Jetzt untersucht die Polizei, wie es dazu kommen konnte. Die Zertifikate sind aber alle gesperrt und die anderen Kantone informiert.
Wie oft ruft man in solchen Fällen bei ausländischen Impfzentren an?
Wir haben den Vorteil, dass wir ein kleiner Kanton sind und alles über eine Stelle geht, die von zwei Personen besetzt ist. Denen fallen Unregelmässigkeiten sofort auf. Dann fragen wir ganz kurz und pragmatisch beim Impfzentrum oder dem Arzt nach.
Was in Deutschland noch einigermassen einfach ist.
Schwieriger wird es natürlich in anderen Fällen, auch wenn die Personen bei uns ziemlich sprachgewandt sind. Es kann schon mal vorkommen, dass sie auch nach China, in östliche Länder oder auch nach Südamerika telefonieren müssen. Diese Proben und Kontrollen machen wir. Die Anträge kommen von überall. Bei gewissen Impfbüchern und Unterschriften ist die Überprüfung teilweise sehr schwierig.
Haben nicht alle diese gelben Impfbüchlein?
In der Regel schon. Und auch einen elektronischen Nachweis der Impfung. Aber wenn jemand wirklich kriminelle Energie hat, kann man auch das fälschen. Wenn so ein Zettel aus Aserbaidschan oder Lateinamerika kommt, ist es schwierig, nachzuprüfen, ob die Impfung wirklich in einem Impfzentrum oder bei einem Arzt gemacht worden ist. Solche Sachen kann man zum Beispiel auch im Darknet kaufen.
Überprüfen alle Kantone so genau wie Appenzell Ausserrhoden?
Ja, es gibt einen Standardprozess, den der Bund mit den Kantonen aufgegleist hat. Es gibt bei der Zertifikatsausstellung gewisse Minimalanforderungen.
Werden durch die Erkenntnisse aus Ausserrhoden jetzt auch in anderen Kantonen gewisse Impfungen erneut überprüft?
Wir haben mit den Zertifikatsstellen in anderen Kantonen Kontakt aufgenommen und diese haben teilweise ähnliche Vorgänge festgestellt. Nochmals: Das ist unsere Stärke. Wir sind klein und bei uns fallen Unregelmässigkeiten und Eigenheiten viel mehr auf.
Dann folgen noch weitere Fälle zu den bereits bekannten zwölf?
Wir klären derzeit noch weitere Verdachtsmomente ab, da kann ich aber noch nicht mehr dazu sagen.
(red.)