Für das bis 2028 dauernde Strassenbauprogramm rechnet die St.Galler Regierung mit einem Finanzbedarf von knapp 1,3 Milliarden Franken. Darin eingeschlossen sind neben dem Bau von Strassen auch Kosten für die Verkehrspolizei oder den Strassenunterhalt.
Zu den Grossprojekten für den motorisierten Individualverkehr gehören etwa die Engpassbeseitigung auf der St.Galler Stadtautobahn, der Nationalstrassenanschluss Wil West mit der Netzergänzung Nord oder der A1-Anschluss Witen mit dem Zubringer Rorschach.
Auch im öffentlichen Verkehr sind diverse Verbesserungen vorgesehen. Dazu zählt ab Dezember 2024 der Halbstundentakt im Fernverkehr zwischen St.Gallen und Sargans.
Wegen der vielen Projekte verlangte die vorberatenden Kommission ein neues Finanzierungsmodell für den Strassenfonds. Dies war im Rat im Grundsatz unbestritten.
Erfolgloser Rückweisungsantrag
Auch für das Strassenbauprogramm selber waren die Mehrheiten klar. In der Gesamtabstimmung wurde es mit 74 gegen 22 Stimmen bei acht Enthaltungen gutgeheissen. Ein Rückweisungsantrag der Grünen blieb chancenlos. Das Argument, es brauche eher «ein Strassenplafonierungsprogramm», zeigte keine Wirkung.
Zuvor hatte es aber eine lange Diskussion um verschiedene Aufträge der Kommission an die Regierung gegeben. Die Richtung gab dabei ein Sprecher der grössten Kantonsratsfraktion vor, mit dem Satz, die SVP stehe «für freie Fahrt für freie Bürger».
Unter anderem muss die Regierung die Engpassbeseitigung auf der St.Galler Stadtautobahn mit dem Tunnel Liebegg in Richtung Stadtrand «mit hoher Dringlichkeit» bearbeiten. Ebenfalls mit hoher Dringlichkeit soll sie das Projekt für einen Stadttunnel in Rapperswil-Jona vorantreiben.
Weiter darf künftig die Gestaltung von Strassenraum den motorisierten Individualverkehr nicht einschränken. Bushaltestellen müssen «wenn möglich» als Busbuchten realisiert werden. Alle diese Aufträge wurden von SP, Grünen und teilweise auch von der GLP bekämpft. Die Mehrheit setzte sich aber jeweils im Verhältnis von knapp 80 gegen maximal 30 Stimmen durch.
Zweimal gegen Tempo 30
Das Kernstück der Forderungen der Kommission war aber ein faktisches Verbot von Tempo-30-Strecken auf Kantonsstrassen und Gemeindestrassen erster Klasse im Rahmen des Strassenbauprogramms. Nur aus Sicherheitsgründen soll künftig Tempo 30 «ausnahmsweise möglich» sein. Lärmsanierungen müssten durch raumplanerische Massnahmen sowie den Einbau lärmarmer Beläge erfolgen.
In der Debatte darüber hiess es von einigen Mitgliedern der Mitte-EVP-Fraktion, der Auftrag werde viel zu restriktiv formuliert. Ausnahmen seien nicht möglich. Es brauche auch Übergangsbestimmungen für Gemeinden, in denen es Projekte für Tempo 30 Zonen gebe, die teilweise mit der Bevölkerung erarbeitet worden seien. Dafür wehrten sich etwa die Stadtpräsidenten von Altstätten oder Lichtensteig.
Doch auch hier setzte sich die Vorgabe der Kommission mit dem faktischen Verbot von Temporeduktionen auf 30 durch, allerdings eher knapp mit 58 gegen 50 Stimmen bei zwei Enthaltungen.
Rechtliche Einwände
Gleich nach dem Strassenbauprogramm entschied der Rat über eine Motion - ebenfalls zum Thema «Tempo 30». Verlangt wurde eine Änderung im St.Galler Strassenverkehrsgesetz.
Alle Kantonsstrassen und Gemeindestrassen erster Klasse sollten demnach als «verkehrsorientierte Strassen» definiert werden. Dort müsse «grundsätzlich die bundesrechtlich vorgesehene Höchstgeschwindigkeit» signalisiert werden.
Die Regierung hielt eine solche Regelung auf kantonaler Ebene «weder für notwendig noch sinnvoll». Die Motion verstosse zudem «mutmasslich gegen übergeordnetes Bundesrecht».
Der Rat folgt aber seiner bisherigen Linie: Der Vorstoss, der eine Gesetzesänderung verlangt und damit über die Vorgaben im Strassenbauprogramm hinausgeht, wurde mit 69 gegen 38 Stimmen bei vier Enthaltungen überwiesen.
(sda/red.)
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