«Vermehrt Fälle in Schulen. Zunahme der Fälle mit mutiertem Virus.» So steht es im Coronavirus-Lagebulletin des Kantons St.Gallen vom Freitag. Weniger als eine Stunde später teilt der Kanton mit: «Präsenzunterricht in Volksschule und Sekundarstufe II bleibt» (FM1Today berichtete).
Wie geht das zusammen? Es scheint, als hätte die St.Galler Regierung einen Kompromiss gesucht. Denn noch immer ist wissenschaftlich nicht geklärt, wie sehr Schulen zur Verbreitung des Virus beitragen. Neuere Studien, zum Beispiel in der aktuellen Ausgabe des Wissenschafts-Magazins «The Lancet», kommen jedoch zum Schluss, dass sich gerade das mutierte Virus schneller unter den Kindern verbreitet und die Kinder ansteckender als Erwachsene sind.
Ansteckungen in Kauf nehmen oder Schüler isolieren?
Unklar ist, ob sich das Virus unter den Kindern schneller verbreiten kann, weil fast nur noch die Schulen offen sind. So sind zum Beispiel auch für die Taskforce des Bundes Schulschliessungen das letzte Mittel im Kampf gegen das Coronavirus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Experten warnen, dass geschlossene Schulen für das soziale Leben und die Entwicklung der Kinder schlimmer seien als eine Infektion mit dem Coronavirus. Schliesslich bleiben die meisten Kinder asymtomatisch.
Doch: Nur weil ein Kind keine Symptome zeigt, heisst es noch lange nicht, dass es nicht ansteckend ist. Genau hier liegt die Gefahr. Die Kinder können die verschiedenen Coronaviren verbreiten. Nicht nur in der Schule. Auch auf dem Weg dorthin im Bus oder Postauto. Wo später die Erwachsenen auf ihrem Weg zum Einkaufen diese Viren wieder auflesen.
Das vermeintliche Ziel: Ein bisschen Normalität
Die St.Galler Regierung hat sich bewusst für dieses Risiko entschieden. Die Schülerinnen und Schüler sollen zumindest ein bisschen Normalität erleben. Und die Eltern davon entlastet werden, sich um die Kinder zu Hause kümmern zu müssen.
Das wäre jedoch nur ein kleiner Gewinn, wenn sich später herausstellt, dass genau deswegen die Zahlen der Toten, der schwer Erkrankten und der Menschen mit Langzeitschäden wieder rasant ansteigt. Und dann Schulschliessungen doch nötig werden. Mit der aktuellen Strategie kann St.Gallen sehr viel mehr verlieren als gewinnen.