Quelle: tvo
Nur etwa fünf Minuten dauert ein Telefongespräch zwischen einem Contact Tracer und einer infizierten Person in der Regel. Viel mehr Zeit bleibt gar nicht: Wegen der hohen Fallzahlen ist das Tracing in den letzten Wochen an seine Grenzen gestossen. «Es ist eine Herausforderung, dass man die Leute rechtzeitig erreicht und dass wir nachmögen», sagt Conny Dolpp, die als Tracerin für den Kanton Thurgau arbeitet.
Dolpp gehört einem Team von 93 Mitarbeitenden (Stand Montag, 9. November) an. Täglich sind bis zu 45 Personen im Einsatz, 1700 Telefonate werden im Durchschnitt geführt. Die Tracer arbeiten in zwei Schichten von 8 bis 21 Uhr. Jeder Mitarbeitende ist einem Team zugeteilt.
Erster Telefonkontakt Tage nach positivem Test
Nach der Erfassung eines Indexfalls wird eine SMS an die infizierte Person gesendet. Wenig später nimmt ein Contact Tracer Kontakt per Telefon auf, gibt die Anweisung zur Isolation und klärt die engen Kontaktpersonen ab. Ein Telefongespräch findet oftmals erst mehrere Tage nach dem positiven Test statt. In der Regel wurden die Infizierten aber bereits vom Labor oder der Hausarztpraxis informiert.
Nach einem ersten Telefonat wird die betroffenen Person ein weiteres Mal vom Contact Tracing kontaktiert. Hier kommt die 41-jährige Conny Dolpp wieder ins Spiel. «Am Telefon informieren wir die Personen, wie die Isolation vonstatten geht, klären ein paar Daten und offene Fragen», so die Tracerin. 20 bis 30 solcher Anrufe tätigt Dolpp täglich.
Kontakt mit Kontaktperson nur beschränkt machbar
Ein anderes Team kümmert sich um die telefonische Kontaktaufnahme der Kontaktpersonen. Aus Kapazitätsgründen ist diese aber nicht oberste Priorität, die Kontaktpersonen werden in der Regel alle möglichst schnell per SMS über das weitere Vorgehen informiert. Ein letztes Team kümmert sich darum, Personen aus der Isolation respektive Quarantäne zu entlassen.
Contact Tracing war lückenhaft
Das Contact Tracing im Kanton Thurgau klappe sehr gut, obwohl es in der Vergangenheit manchmal lückenhaft war, bilanziert der Kanton Thurgau bei einer Informationsveranstaltung am Mittwoch. Das Tracing sei ein wichtiger Teil der Pandemie-Bekämpfung, auch wenn es manchmal zu Verzögerungen komme. Andere Kantone haben das Contact Tracing bereits angepasst – so müssen Infizierte im Kanton St.Gallen ihre Kontakte selber informieren und müssen sich nur noch Personen aus dem gleichen Haushalt wie die infizierte Person in Quarantäne begeben.
Um nicht an diese Grenzen zu stossen, sucht die Lungenliga, welche das Contact Tracing im Thurgau abwickelt, per Stellenanzeige nach weiteren Contact Tracern. Gesucht werden Personen mit guten Kenntnissen im Gesundheitswesen und hoher Belastbarkeit. «Nicht alle Telefonate sind nur angenehm», weiss Hugo Bossi, Geschäftsführer der Lungenliga Thurgau.
Gestartet war das Contact Tracing anfangs mit sieben Personen in Amriswil. Nun ist man bei fast 100, am Donnerstag wird das Team gar auf 105 Tracer vergrössert. Auch Zivilschützer helfen beim Contact Tracing mit. Aufgrund der Grösse musste der Standort von Amriswil nach Felben-Wellhausen verlegt werden.
Tracer müssen eigene Infrastruktur mitbringen
Viele der derzeitigen Mitarbeitenden hatten während der Krise den Job verloren und als Contact Tracer eine Zwischenlösung gefunden. Die Tracer arbeiten im Stundenlohn von 30 bis 40 Franken, Telefon und Laptop müssen sie selbst mitbringen. Kündigen können sie innerhalb eines Monats.
Obwohl die Arbeit stressig ist, macht sie vielen Tracern Spass. «Wir sind gut organisiert und ich habe lässige Kollegen», sagt Conny Dolpp, die wegen der Coronakrise ihren Job auf Kuba verloren hat. Ein anderer Tracer ergänzt: «Ich bin sehr zufrieden. Ich will den Menschen helfen.»
Am 10. November befanden sich 774 Personen in Isolation, 1115 in Quarantäne.