Ende Oktober dreht die Bevölkerung den Uhrzeiger wieder eine Stunde zurück. Da es früher dunkel wird, werden wir die Lampen früher einschalten und länger brennen lassen – allen Energiesparappellen des Bundes zum Trotz.
Gleichzeitig gibt es beim Stromsparen noch viel Luft nach oben. Im September haben Schweizer Endverbraucher laut der neusten Statistik des Netzbetreibers Swissgrid im Vergleich zum Durchschnitt der letzten sieben Jahre im selben Monat zwar 13 Prozent weniger Gigawattstunden Strom verbraucht.
Die Übertragungsverluste und die Energie, die zum Betrieb von Kraftwerken benötigt wird, sind darin jedoch nicht inbegriffen. Werden alle Faktoren berücksichtigt, stieg der Gesamtverbrauch im langjährigen Vergleich um 2,3 Prozent an. Eine ewige Sommerzeit zumindest für diese Saison könnte hingegen zu einem weiteren Spareffekt führen.
«Haushalt kann 0,5 Prozent Strom sparen»
Geht es nach Korbinian von Blanckenburg, Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsmathematik an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo, liesse sich mit dem Beibehalten der Sommerzeit Strom sparen.
«Ein privater Haushalt könnte bei ganzjähriger Sommerzeit etwa 0,5 Prozent seines jährlichen Stromverbrauchs einsparen», zitiert ihn die Rheinische Post. Umgerechnet auf Deutschland schätzt der Professor das Einsparvolumen auf aktuell rund 600 bis 700 Millionen Euro pro Jahr.
Freizeitverhalten verändere sich
Je heller es abends sei, desto weniger Strom werde verbraucht, führt von Blanckenburg aus. In der Folge verändere sich das Freizeitverhalten. So bleibe der Fernseher ausgeschaltet, man unternehme etwas. Die Verbrauchsspitze morgens gegen sieben Uhr, wenn Kaffeemaschine und Toaster liefen, sei hingegen unabhängig von der Helligkeit.
Ein kleineres Sparpotenzial sieht der Wissenschaftler bei den Heizkosten. Er geht davon aus, dass sich der etwas verringerte Bedarf am Abend wahrscheinlich mit dem erhöhten Verbrauch am Morgen ausgleichen würde. Noch grössere Spareffekte ortet von Blanckenburg in Tagesaktivitäten, die sich stärker nach der Helligkeit richten. Um morgens Strom zu sparen, müssten der Schulunterricht und der Arbeitsbeginn im Winter demnach später starten.
Schweiz solle Vorreiterrolle einnehmen
Die Idee einer ewigen Sommerzeit trifft bei Nationalräten auf breite Unterstützung. «Wenn es sogar erwiesen ist, dass eine ewige Sommerzeit zum Stromsparen führt, müsste man die Zeitumstellung per sofort abschaffen», fordert Energiepolitiker und FDP-Nationalrat Matthias Jauslin.
Den ständigen Wechsel von der Winterzeit auf die Sommerzeit und umgekehrt bezeichnet Jauslin als «kompletten Blödsinn». Nicht nur müsse die Bevölkerung an das Umstellen der Uhren denken. «Auch ist der Körper gezwungen, diese Umstellung jedes Mal wieder mitzumachen.» Er würde es begrüssen, wenn die Schweiz mit der Abschaffung der Winterzeit eine Vorreiterrolle einnähme.
Nicht mehr am Uhrzeiger drehen würde auch GLP-Präsident Jürg Grossen. «Ich würde eine ewige Sommerzeit eher befürworten als eine ewige Winterzeit», erklärt der Nationalrat. Ein Beibehalten der Sommerzeit würde im Energiebereich eine bessere Situation schaffen.
«Auch für die Gesellschaft wäre dies keine riesige Umstellung», findet Grossen. Etwa für die Landwirtschaft hätte es sogar Vorteile, würde die Zeitumstellung wegfallen. «Dann müssten sich die Milchkühe nicht auf eine neue Melkzeit einstellen.»
EU wollte Zeitumstellung 2021 abschaffen
In den letzten Jahren stand eine Abschaffung der Zeitumstellung immer wieder zur Diskussion. SVP-Nationalrätin Yvette Estermann versuchte die Sommerzeit mit mehreren Vorstössen erfolglos zu bodigen. Unter anderem argumentierte sie mit chronischem Schlafmangel, erhöhtem Herzinfarktrisiko und Leistungsabbau.
Mittlerweile ist die EU einen Schritt weiter. 2019 stimmte das EU-Parlament für ein Ende der Zeitumstellung ab März 2021. Da sich die Mitgliedstaaten aber noch auf keine gemeinsame Position geeinigt haben, stockt das Vorhaben.