Belinda Bencic, wie gross ist die Enttäuschung?
«Ich bin natürlich enttäuscht, wie nach jeder Niederlage. Der Final war zum Greifen nah. Fünf Minuten ist man sehr niedergeschlagen, aber mein Team hat mich wieder aufgebaut. Wir sind realistisch, es war doch ein super Turnier. Das ist bei weitem mein bestes Resultat, dafür muss man auch dankbar sein. So war ich schnell wieder in besserer Stimmung. Ich bin mehr stolz als enttäuscht.»
Waren Sie von Andreescu überrascht? «Ich bitte Sie. Sie hat Indian Wells und Toronto gewonnen und viele grossartige Spielerinnen bezwungen. Da sollte wirklich niemand überrascht sein. Sie ist eine tolle Spielerin und verdient es total, im Final zu sein.»
Was haben Sie gut gemacht, um sich die vielen Chancen zu erarbeiten und wo glauben Sie, ist ihnen das Spiel entglitten? «Alles in allem war es ein grosser Kampf, sehr taktisch. Bianca spielt intelligent, und ich denke, ich kann auch intelligent spielen und versuchen, die richtige Taktik zu finden. Wenn du so viele Chancen auslässt, ist es halt schwierig, einen Satz zu gewinnen. Sie hat definitiv die wichtigen Punkte besser gespielt als ich. Das ist der ganze Unterschied.»
Gibt es einen bestimmten Ball, dem Sie nachtrauern? Zum Beispiel den Satzball im ersten Satz.
(überlegt) «Nein, keinen einzelnen Ball. Logisch trauere ich den Chancen nach. Es war aber nicht einfach, sie hat oft gut aufgeschlagen, einen guten Ball hinterher gespielt, bei den Breakchancen. Manchmal kann man selber gar nicht immer viel tun. Es wäre schwieriger zu akzeptieren, wenn ich die vielen Chancen bei eigenem Aufschlag gehabt hätte.»
Wie bleibt man da immer ruhig?
«Ich habe einfach versucht, im Moment zu bleiben, die Konzentration zu behalten. Früher hätte ich mich sicher mehr aufgeregt.»
Wie hat Andreescu den zweiten Satz noch gedreht? Wurden Sie nervös oder hat sie sich steigern können?
«Ich denke nicht, dass es eine Frage der Nerven war. Ich habe einfach ein paar dumme Fehler gemacht und sie ein paar tolle Bälle geschlagen. Im Tennis geht es sehr schnell. Ich kann mich nicht beklagen, ich drehe auch manchmal solche Matches. Das ist Tennis.»
Was war es für ein Gefühl, ein so wichtiges Spiel in einem so grossen Stadion zu spielen?
«Es war eine grossartige Erfahrung. Ich habe mich riesig gefreut, diesen Halbfinal zu spielen. Wenn ich im Match drin bin, realisiere ich aber nicht wirklich, welche Runde es gerade ist. Ob ein Viertelfinal oder ein Halbfinal.»
Sie haben Ihre Fitness und Ihren Aufschlag sehr verbessert. Was fehlt noch, um den Schritt zum Grand-Slam-Champion zu machen?
«Es sind die kleinen Details, die entscheiden. Es geht nicht um die Vorhand oder die Rückhand. Ich versuche, einfach alles noch zu verbessern. Nur ein Prozent bei der Fitness, beim Mentalen, beim Service, einfach überall, ist entscheidend. Und ich muss mehr solche Gelegenheiten kreieren wie heute. Halbfinals und Viertelfinals spielen. Man muss dem Glück eine Chance geben, das ist mein Motto.»
Wird der Erfolg in New York eine Auswirkung auf Ihre Einstellung bei den Turnieren oder auch auf die Art, wie die anderen Spielerinnen Ihnen begegnen, ändern?
«Ich weiss noch nicht, wie die Reaktion ausfallen wird. Ich habe jetzt sicher das Vertrauen, dass ich mehrere Runden überstehen kann. In der Vergangenheit war ja meist in der 2. oder 3. Runde Schluss. Ich möchte versuchen, diese Konstanz möglichst gut beizubehalten und mir so weitere Chancen zu geben.»
Wie sieht das Programm der nächsten Wochen und Monate aus?
«Das weiss ich noch nicht. Ich werde mit meinem Team zusammensitzen und das besprechen. Ich brauche sicher eine Pause, wie nach jedem Grand Slam. Grundsätzlich bin ich in Japan (ab 16. September), Wuhan, Peking und Hongkong gemeldet.»