Alleine der zweite Satz hätte gereicht, um zu unterstreichen, dass mit Novak Djokovic und Daniil Medwedew die richtigen beiden Spieler im Final des vierten und letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres standen. Eindreiviertel Stunden dauerte dieser, wogte hin und her und brachte am Ende eine Vorentscheidung. Wie so oft – und im Gegensatz zum vor zwei Monaten in fünf Sätzen verlorenen Wimbledon-Final gegen Carlos Alcaraz – war es der erfolgreichste Spieler der Geschichte, der in den entscheidenden Momenten diese eine Quäntchen besser war.
Medwedew erarbeitete sich einen Satzball – beim Stand von 6:5 und Aufschlag Djokovic. Der Russe entschied sich aber beim Passierball für die falsche Seite, der Serbe konnte die Chance am Netz abwehren. Auch im folgenden Tiebreak führte die Weltnummer 3 aus Moskau nochmal 3:1 und 5:4, doch nach bereits über zweieinhalb Stunden Spielzeit lag der Rekordjäger mit 2:0 Sätzen in Führung.
Süsse Revanche
Diesen Vorteil liess sich der 36-jährige Serbe nicht mehr nehmen, auch wenn der neun Jahre jüngere Russe im dritten Satz doch noch ein erstes Break schaffte. Die Wende gelang ihm aber nicht mehr. Nach gut dreieinviertel Stunden brachte Djokovic seinen vierten US-Open-Titel (im zehnten Final) ins Trockene. Das 6:3, 7:6 (7:5), 6:3 war eine süsse Revanche für den verlorenen Final vor zwei Jahren, als ihm Medwedew den Traum vom Kalender-Grand-Slam – dem Gewinn aller vier Major-Turniere eines Jahres – vermieste.
Wieder ganz oben
Auch in diesem Jahr verlor Djokovic an den grossen Events mit Partien auf drei Gewinnsätze nur einmal, in Wimbledon, und übernimmt folgerichtig von Alcaraz wieder die Spitze in der Weltrangliste. Vielmehr interessieren ihn aber die Rekorde. Mit dem 24. Grand-Slam-Titel baute er seine Bestmarke bei den Männern weiter aus und schloss zur erfolgreichsten Frau, Margaret Court, auf. Vor genau 50 Jahren hatte Court ebenfalls an den US Open ihren letzten Titel gewonnen. Ausserdem löste er Ken Rosewall, der 1970 als 35-Jähriger triumphierte, als ältesten US-Open-Champion ab.
Bei der Siegerehrung gedachte Djokovic mit einem speziellen Shirt auch der 2020 bei einem Helikopterabsturz verstorbenen Basketball-Legende Kobe Bryant, einen guten Freund von ihm. Dann erinnerte er an seine schwierige Jugend. «Ich lebe meinen Kindheitstraum, auf diesem Level zu kämpfen», sagte er und dankte vor allem seiner Familie für deren viele Opfer. «Das ist so speziell, es gibt fast keine Worte dafür.»
Fairer Verlierer Medwedew
Im Halbfinal war es Medwedew noch gelungen, den Titelverteidiger Alcaraz zu zermürben, Djokovic trieb er im zweiten Satz zeitweise ebenfalls an dessen Grenzen. Der Russe wirkte körperlich etwas frischer, doch es ist nichts Neues, dass der Serbe eine extrem hohe Schmerztoleranz hat und und wie kein Zweiter seine Reserven anzapfen kann. Auch hatte Djokovic in seinem Repertoire ein Element – das Spiel am Netz –, das bei Medwedew weitgehend fehlte.
So ist dessen Finalbilanz nun deutlich negativ. Neben dem Sieg in New York 2021 verlor er vier Grand-Slam-Finals – je zweimal gegen Djokovic und Rafael Nadal. «Warum bist du noch da», meinte der stets reflektierte Medwedew scherzhaft an Djokovic gerichtet. Und er bedauerte, dass er seiner Frau zum fünften Hochzeitstag diesmal kein Geschenk machen konnte. Am Einsatz fehlte es ihm nicht.
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