Ostschweiz
Graubünden

Im Interview: Cosplayerin Sarah aus Zizers erzählt über ihre Leidenschaft

Anlässlich der Pop Con in Zürich

«Charakter zum Leben erwecken» – Bündnerin über ihre Leidenschaft für Cosplay

· Online seit 05.10.2024, 07:21 Uhr
Nebst Comicfans und Game-Begeisterten vereinen sich am Wochenende auch Cosplayer an der «Pop Con»-Messe in Zürich. Was steckt hinter der Faszination und dem Hype um das Spiel mit Kostümen? Eine Cosplayerin aus Zizers erzählt im Interview mehr über diese Leidenschaft.
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Seit 17 Jahren betreibt Sarah aus Zizers leidenschaftlich Cosplay. Für die Bünderin steht am Wochenende ein Highlight an: die Pop Con in Zürich. An dem zweitägigen Festival dreht sich alles rund um Popkultur und Gaming. Und wie es sich für eine richtige Cosplayerin gehört, wird Yui, wie sich Sarah als Cosplayerin nennt, dort mit ihrem selbst gemachten Kostüm dabei sein. Während mehreren Monaten habe sie an ihrem Outfit gearbeitet und wird damit sogar selbst auf der Bühne auftreten. Im Interview mit dem FM1-Moderator Noah Hartmann gibt Sarah Einblicke in die Cosplay-Szene.

Wie erklärst du Leuten, die keine Berührungspunkte mit Cosplay haben, was du machst?

Sarah: Ursprünglich kommt Cosplay aus Japan. In den 1990er-Jahren kam es nach Amerika und Europa. Damals begannen die Leute damit, Charakter aus den japanischen Comics und Zeichentrickfilmen darzustellen: mit Perücken, Make-up, Kostümen und dem Verhalten. Mittlerweile ist es so, dass Leute auch Charakteren aus westlichen Filmen und Büchern – so gut es geht – originalgetreu darstellen. Kurz gesagt ist es ein Kostümspiel von einem Charakter, den du magst. Du probierst, ihn zum Leben zu erwecken.

Die Kostüme kaufst du jeweils nicht, oder?

Sarah: Man kann sie kaufen. Mittlerweile gibt es unzählige Onlineshops, die qualitativ hochwertige Kostüme anbieten. Ich selber habe damit begonnen, meine Kostüme selber zu machen. Als ich damals mit Cosplay gestartet habe, war es noch nicht so einfach, Kleider aus dem Ausland in die Schweiz zu importieren. Entsprechend klein war das Angebot.

Gibt es noch weitere Anreize für dich, deine Kostüme selbst zu machen?

Sarah: Ich gehe auch viel auf die Bühne und nehme an Wettbewerben teil. Da ist es jeweils Voraussetzung, dass das Kostüm zu einem gewissen Prozentsatz selbstgemacht ist. Aber es gibt viele Leute, zum Beispiel Besucherinnen und Besucher an der Pop Con in Zürich, die gekaufte Kostüme haben. Es kann sein, dass du kein Geld, Möglichkeiten, Zeit oder Wissen für ein eigenes Kostüm hast.

Was macht für dich die Faszination von Cosplay aus?

Sarah: Ich kann mich kreativ ausleben. Wenn du Cosplay machst, bist du Make-up-Künstlerin, Coiffeuse und Schneiderin zugleich. Für mich ist es auch ein Safe-Space. In der Schule früher habe ich Mobbing erfahren und durchs Cosplay lernte ich meine damals beste Freundin kennen. So bildete sich dann ein riesiger Freundschaftskreis.

Was denkst du, ist es, wo die Menschen in dieser Szene verbindet?

Sarah: Einerseits sicher die Leidenschaft zu etwas, was in der Gesellschaft ein bisschen verpönt ist. Andererseits haben viele Cosplayer ein gesellschaftliches Defizit. Das kann zum Beispiel ein psychisches Problem sein. Es gibt auch viele, die früher einmal gemobbt wurden und nie irgendwo dazu gehörten. In der Szene konnten sie sich einen Freundschaftskreis aufbauen. Es gibt Akzeptanz für alles und jeden.

Also eben eine Art Schutzraum?

Sarah: Ja, wirklich. Mittlerweile ist es schon fast Mainstream geworden. Cosplay ist keine Nischen-Beschäftigung mehr. Je mehr das kommt, desto weniger ist es auch ein Safe-Space. Es gibt immer mehr Leute, die das ganze etwas aufwühlen und unsere eigentlichen Werte etwas verwässern.

Woran liegt es, dass es immer beliebter wird?

Sarah: Ich denke schon, dass es je länger je mehr akzeptiert wird. Zum Beispiel werden Cosplayer bei Filmpremieren angefragt, ob sie verkleidet vorbeikommen möchten. Gerade bei Marvel-Filmen gibt es das immer wieder. Auch Messen wie die Fantasy Basel oder die Pop Con Zürich könnten zum Trend beitragen. Sie vereinen nicht nur Animes und Cosplay, sondern nehmen auch Influencer in ihr Programm auf. Dann kommen andere Fangruppen zwangsläufig mit Cosplay in Kontakt.

Ist es auch etwas Schönes, wenn man in einer breiteren Masse bekannter wird?

Sarah: Auf jeden Fall, das ist eine krasse Wertschätzung, das muss ich wirklich sagen.

Am Wochenende gehst du in Richtung Zürich. Welche Reaktionen erhältst du draussen jeweils von den Leuten auf dein Aussehen?

Sarah: Wenn ich kostümiert aus dem Haus gehe, ziehe ich viele Blicke auf mich. Es gibt auch Autofahrer, die einmal abbremsen und schauen. In den öffentlichen Verkehrsmitteln werde ich öfters von älteren Leuten angesprochen. Entsprechend drehen sich dann alle Köpfe zu mir um. Leider ist es so, dass von der jüngeren Generation ab und zu ein blöder Spruch kommt. Die Reaktionen sind wirklich durchmischt, mehrheitlich sind sie positiv und die Leute interessiert.

Fällt dir eine Situation ein, wo du eine besonders lustige oder spannende Rückmeldung erhalten hast?

Sarah: Da gibt es viele. Im letzten Jahr war ich an der Fantasy Basel mit meinem grössten Cosplay unterwegs. Das hat einen Stehkragen, der mit Perlen und Rosen bestickt ist. Diesen bringe ich nicht in den Koffer hinein. Als ich damit im Zug war, haben zwei Jugendliche die ganze Zeit zu mir geschaut. Irgendwann haben sie mich gefragt, was das denn sei. Als ich es ihnen erklärte, waren sie begeistert und fasziniert davon. Das ganze Zugabteil war ruhig und hat mir zugehört. Das war ein krasser Moment, denn es waren relativ viele Leute im Zug.

Was würdest du den Leuten mit auf den Weg geben, die sich nicht so sehr mit dem Thema befassen? Wie sollen sie reagieren, wenn sie euch auf dem Weg an die Pop Con in Zürich in Halbmontur sehen?

Sarah: Wenn man in einem anständigen Ton nachfragt, erhält man sicher immer eine Antwort. Auf jeden Fall darf man nachfragen. Was nicht angebracht ist, sind blöde Kommentare. Und wenn du nichts Nettes zu sagen hast, sag einfach gar nichts.

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veröffentlicht: 5. Oktober 2024 07:21
aktualisiert: 5. Oktober 2024 07:21
Quelle: FM1Today

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