Ein einschneidender Lebensabschnitt hat für tausende Jugendliche in der Schweiz begonnen: Die «Stifti» – also die Berufslehre. Und schon bald wird der erste richtige Lohn auf das Konto gutgeschrieben. Doch welche Berufe sind zurzeit angesagt und welche Trends zeichnen sich in den einzelnen Teilen des FM1-Landes ab?
Eines vorweg: Die beliebtesten Ausbildungen bleiben «die drei Grossen» – namentlich der KV-Bereich, die Gesundheitsbranche und der Detailhandel. Kantonale Unterschiede gibt es ab Rang vier.
St.Gallen: Elektro und MPA
Auffallend im Kanton St.Gallen ist die Berufswahl der männlichen Jugendlichen. Diese setzen auf ihr handwerkliches Geschick. So wählen die St.Galler, nebst der KV-Ausbildung versteht sich, auch Berufe wie Elektroinstallateur, Polymechaniker und Zimmermann.
Bei den Frauen dominieren in den Top Ten der Grundausbildungen vor allem Berufe rund um die Gesundheit. Nebst Fachfrau Gesundheit und Fachfrau Betreuung sind auch Berufe wie die Medizinische Praxisassistentin (MPA) gefragt.
Appenzell Ausserrhoden: Strom und Küche
Auch im Appenzell Ausserrhoden scheinen sich die Jugendlichen in diesem Jahr für eine Elektroinstallateurs-Lehre zu interessieren. Per Mitte August 2021 sind in diesem Beruf 16 Lehrverträge abgeschlossen worden. Das sind doppelt so viele wie im letzten Jahr.
Aber auch die Küche bleibt – nach dem Büro oder dem Spital – ein beliebter Ausbildungsort in Appenzell Ausserrhoden. 18 Jungköchinnen und Jungköche haben ihre Lehre aufgenommen. Allerdings ist diese Berufswahl, im Vergleich zu den Vorjahren, rückläufig.
Graubünden: Landwirtschaft und Tourismus
Auf Platz vier der meist gewählten beruflichen Grundbildungen rangiert der Landwirt respektive die Landwirtin. 76 Jugendliche haben sich in diesem Jahr für diese Ausbildung entschieden. Und wie es sich für eine Tourismusregion gehört, schafft es auch die Ausbildung Hotel-Kommunikationsfachmann respektive -frau unter die Top Ten. Im Gegensatz zum schweizweiten Vergleich reicht es für die Informatiklehre in Graubünden nicht auf die vorderen Plätze.
«Bezogen auf die Lehrvertragsabschlüsse können wir in den Gesundheits- und Elektronikbranchen eine Zunahme und in den Automobil-, Detailhandel- und Kaufmännischen Branchen eher einen Rückgang verzeichnen», sagt Pierpaolo Lorenzetto, Abteilungsleiter Lehraufsicht Graubünden, auf Anfrage von FM1Today.
Thurgau: Logistik und Handwerk
Rückläufige Lehrverhältnisse verzeichnet das Thurgauer Amt für Berufsbildung bei den Restaurationsfachfrauen, Polymechanikern und Maurerinnen. Dafür aber ist die Logistik gut bedient. Stand Ende Juni haben 71 Logistikerinnen und Logistiker einen Lehrvertrag für 2021 unterschrieben. Das bedeutet Rang fünf in der Hitliste.
Weiter schaffen es die Handwerkerberufe, wie Elektroinstallateur, Landwirtin und Schreiner im Kanton Thurgau unter die zehn meistgewählten Grundbildungen mit Lehrbeginn 2021.
Appenzell Innerrhoden: Zeichnerin und Elektro
Beim Amt für Berufsbildung und Berufsberatung im Appenzell Innerrhoden konnten 168 neue Lehrverträge per Lehrbeginn 2021 genehmigt werden. Zahlreiche offene Lehrstellen gibt es in der Gastronomie, dem Detailhandel und den Handwerksberufen.
Auch im Innerrhoden ist bei den männlichen Lehrlingen der Elektroinstallateur der gefragteste Beruf. Dies knapp vor dem Anlagen- und Apparatebauer. Bei den weiblichen Berufseinsteigerinnen ist nach den «grossen Drei» die Zeichnerin eine beliebte Ausbildung.
Seltene Berufe: Kaminfeger
Neben den gängigen Ausbildungsberufen wählen Jugendliche auch immer wieder spezielle und seltene Berufe. So sagt zum Beispiel Andreas Disch vom Kanton Appenzell Ausserrhoden: «Seltene Lehrberufe zeigen sich am Beispiel, dass nach Jahren wieder ein Lehrvertrag im Lehrberuf Pflästerer eingegangen ist. Wenige Lehrverträge gibt es auch in den Bereichen Gebäudehülle oder Gebäudetechnik.»
In den restlichen Ostschweizer Kantonen werden beispielsweise Musikinstrumentenbauerin, Kaminfeger, Steinmetzin oder Betonwerker als seltene Berufe genannt.
Herausforderung I: Berufsbildung wandelt sich ständig
Auch wenn die Schweizer Berufsbildung zu den besten der Welt gehört und für viele als Vorbild dient, werden die Kantone immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. «Aufgrund des Rückgangs bei den Schulabgängerinnen und Schulabgängern bekunden verschiedene Lehrbetriebe Mühe, geeignete Lernende zu finden», sagt Pierpaolo Lorenzetto vom Bündner Berufsbildungsamt.
Immer wieder viel Aufwand bedeuteten auch die regelmässigen Reformen in den einzelnen Berufsfeldern. «Aktuell beschäftigen uns die Reformen Kaufleute 2022 und Verkauf 2022+», sagt Lorenzetto.
Herausforderung II: Die Corona-Pandemie
«Die Pandemie fordert zur Zeit sämtliche Akteure der Berufsbildung», sagt Marcel Volkart vom Thurgauer Amt für Berufsbildung. Dem stimmt auch Andreas Disch aus Ausserrhoden zu. Sagt aber ergänzend: «Insgesamt konnten etwa gleich viele Lehrverträge genehmigt werden wie im Schnitt der vergangenen Jahre. Das ist als Zeichen zu werten, dass für unsere Lehrbetriebe, trotz Covid-19-Krise, der berufliche Nachwuchs nach wie vor ein grosses Anliegen darstellt.»