Quelle: CH Media Video Unit / Melissa Schumacher
Wer derzeit im Zürcher HB oder dem Bahnhof Bern durch die Glasscheiben der Müller Reformhäuser schaut, wird feststellen, dass die Regale trotz Konkurs noch sehr voll sind. Was geschieht denn nun mit all der Ware und warum lässt man sie dort?
Mischa Felber, Geschäftsführer der Reformhauskette Müller, erklärt: «Momentan sucht das Konkursamt nach Käufern, die idealerweise alle 35 Filialen aufkaufen und weiterbetreiben. Wenn das nicht klappt, werden die Bestände, also all die Waren, die bislang noch immer die Regale der Filialen füllen, ‹en gros› verkauft.»
Nichts wird weggeworfen
Potenzielle Abnehmer könnten grosse Wiederverkäufer sein, Onlinehändler oder auch soziale Organisationen, die die Waren zu guten Konditionen erwerben könnten, so Felber. Sicher werde nichts weggeworfen, man achte genau darauf, dass Waren rechtzeitig verkauft werden. Und die frischen Sachen seien sowieso mit der Schliessung noch abverkauft oder den Angestellten mitgegeben worden.
Einen sogenannten Sozialplan schreibt das Gesetz für eine konkurs gegangene Gesellschaft nicht vor. «In dieser Situation haben wir als Familienunternehmen auch schlicht und einfach keine Mittel, so einen Sozialplan zu machen. Wir können unsere Leute jetzt auch nicht einfach in andere Filialen versetzen oder ihnen Auffanglösungen bieten», erklärt Felber.
Jedoch hätten sie eine Härtefallregelung, die den Angestellten kommuniziert wurde. Als Eigentümerfamilie seien sie auch bis auf Weiteres für diejenigen da, die sonst zwischen Stuhl und Bank fallen würden – oder gröbere Probleme bekommen haben durch den Konkurs.
Das bedeutet ein Konkurs generell
Wenn man konkurs geht, ist man des Amtes enthoben. Heisst: Du hast kein Eigentum mehr. Ein Konkurs hat schwerwiegende Folgen und erhebliche Konsequenzen für die Unternehmenden, ihre Angestellten und ihre Gläubiger – also Geldgeber, Lieferanten oder auch Kunden.
Kann ein Unternehmen seine Schulden nicht mehr zurückzahlen, ist der Verwaltungsrat dazu verpflichtet, zum Richter zu gehen, um ein Konkursverfahren einleiten zu lassen. Es kommt auch vor, dass ein Gläubiger infolge eines Betreibungsverfahrens dieses Verfahren direkt auslöst.
Von Konkursverfahren bis Konkursmasse
Wird das Konkursverfahren eröffnet, verliert die Firmenleitung das Recht, Geschäfte zu machen und über alle verfügbaren Vermögenswerte wie Bankkonten, Immobilien oder Produktionsmaschinen zu bestimmen. Dieses Vermögen wird «Konkursmasse» genannt. Das Konkursamt muss nun deren Wert abschätzen und sich um die Verwertung kümmern. Der erzielte Erlös wird dafür verwendet, die Forderungen der Gläubiger zu befriedigen.
Bei den Rechtsformen Aktiengesellschaft (AG) und Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) werden die Schulden dem Unternehmen zugeschrieben. Bei einer Einzelfirma muss das Unternehmen selbst für die Schulden aufkommen.
Was bleibt ist ein Imageschaden
Ein Konkurs bleibt nicht ohne Folgen für das Image eines Unternehmens. Die Löschung aus dem Handelsregister ist öffentlich sichtbar und zwar nicht nur während des Verfahrens, sondern auch danach.
Unternehmende, die mehrmals Konkurs anmelden mussten, werden möglicherweise keine Kredite mehr bekommen, weil ihre Daten über Insolvenzen durch Wirtschaftsauskunfteien wie Creditreform oder Moneyhouse gesammelt werden. Diese geben sie auf Anfrage an Dritte weiter.
Es kommt häufig vor, dass konkurs gegangene Unternehmen die Vermögenswerte ihrer Firma selbst aufkaufen und dadurch neu anfangen. Dann darf man allerdings nicht einfach unter anderem Namen, dasselbe Geschäft mit denselben Maschinen und demselben Auftragsbuch weiterführen, jedoch die Mitarbeitenden nicht weiter beschäftigen. Die Verpflichtungen gegenüber den Angestellten müssen übernommen werden.
(Nina Burri)